Mittwoch31. Dezember 2025

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Solidarität statt Mauerbau

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Mit einem jährlichen Budget von ca. 88 Millionen Euro sowie einer Flotte von 20 Flugzeugen, 25 Hubschraubern und 100 Booten versinnbildlicht der Grenzschutz Frontex den Versuch der Europäischen Union, eine Festung aufzubauen.

Dass allein in den vergangenen Wochen über 700 Flüchtlinge beim Versuch, nach Europa zu gelangen, im Mittelmeer ertrunken sind, verdeutlicht, dass die EU trotz oder gerade wegen Frontex eine falsche Migrationspolitik betreibt.

Das traditionelle Rundtischgespräch der Festa Europea dell’Unita beschäftigte sich dieses Jahr mit dieser Problematik. Unter den Diskussionsteilnehmern war man sich bis auf eine Ausnahme einig, dass die Europäische Union ihre Migrationspolitik überdenken und sich mehr auf die Aufnahme von Flüchtlingen als auf die Sicherheitspolitik konzentrieren sollte.

Der Europaabgeordnete Charles Goerens wies vor diesem Hintergrund darauf hin, dass das Genfer Abkommen, welches alle EU-Mitgliedstaaten unterzeichnet haben, Staaten dazu verpflichtet, Flüchtlinge und Staatenlose mit Respekt und Würde zu behandeln.

Verteilungsschlüssel überdenken

Momentan halte Europa sich nicht an dieses Abkommen und „stellt sich nicht dem Strom der Flüchtlinge“. Angesichts der hohen Zahl an Personen, die Syrien und den Irak in Richtung Türkei und Europa verlassen, ist die Herausforderung laut dem DP-Politiker zwar groß, aber überwindbar. Anstatt Mauern errichten zu wollen, müsse man vor allem den Verteilungsschlüssel von Flüchtlingen innerhalb der EU, aber auch innerhalb der einzelnen Mitgliedstaaten überdenken.

So habe Luxemburg „am Anfang der 2000er Jahre 5.000 Flüchtlinge aus dem Kosovo aufgenommen. Das entspricht einem Prozent der Gesamtbevölkerung. Alle EU-Staaten sollten zumindest versuchen, an diese Ein-Prozent-Marke zu gelangen, erst danach sollte man Flüchtlinge an andere EU-Staaten weitergeben.“ Wobei der Europaabgeordnete betonte, dass „das Grenzproblem in Italien, Spanien und Griechenland selbstverständlich ganz Europa und nicht nur die Nationalstaaten betrifft“.

Mangel an Solidarität

Catia Gonçalves, Präsidentin der „Femmes socialistes“ (FS), gab Charles Goerens prinzipiell recht, legte jedoch den Fokus auf „einen Mangel an Solidarität“. Anstatt „88 Millionen Euro in den Grenzschutz zu investieren, soll man sich mehr für eine humane Aufnahme der Flüchtlinge einsetzen“.

Zudem solle man den Weg nach Europa laut Gonçalves nicht versperren, „sondern mehr legale Wege in die Europäische Union“ schaffen. Des Weiteren würden Flüchtlinge und Migranten viel zu oft als Gefahr dargestellt. Man vergesse hierbei, dass „die Migration ein wichtiger Bestandteil der Geschichte der Europäischen Union ist und dass Flüchtlinge angesichts der alternden Bevölkerung als benötigte Arbeitskräfte angesehen werden müssen“.

Claude Adam, Abgeordneter der Grünen, verwies ebenfalls auf eine verfälschte Wahrnehmung der Flüchtlingsströme. Bevor man „sofort Alarm schlägt, sollte man sich darüber im Klaren sein, dass die große Mehrheit der Flüchtlinge in Syrien und im Irak entweder in die Türkei oder an einen anderen Ort in ihrem jeweiligen Heimatland flüchten“.

David Wagner, parlamentarischer Sekretär von „déi Lénk“, sprach vor allem „die Mitschuld der Europäer an der schwierigen Situation in Afrika“ an. Ein wichtiger Grund für die meisten Menschen in Afrika und im Nahen Osten, in Richtung Europa zu flüchten, sei die desolate finanzielle Situation in den Heimatländern. An diesen wirtschaftlichen Verhältnissen tragen laut Wagner europäische Staaten eine gewichtige Mitschuld. Die frühere Kolonialpolitik einiger EU-Mitgliedstaaten habe beispielsweise Länder in Afrika finanziell ruiniert. Des Weiteren würden europäische Staaten auch heute noch Handelsabkommen mit afrikanischen Staaten schließen, die denen „zwischen einem Wolf und einem Schaf gleichen“.

Zentrales Problem Schwarzarbeit

Jean-Claude Reding, Präsident des OGBL, sprach seinerseits die arbeitsrechtliche Dimension der Flüchtlingsproblematik an. Die Schwarzarbeit ist für Reding vor diesem Hintergrund ein zentrales Problem, da diese „Flüchtlinge anzieht. Wenn man weiß, dass man in Europa illegal arbeiten kann, erhöht dies die Anzahl der Migranten, die in die EU wollen“. Generell gelte es, „Arbeitnehmer aus Drittstaaten zu schützen. Hierzu müssen öffentliche Institutionen besser finanziert werden, um eine gelungene Integrationspolitik zu betreiben.“ Wie die anderen Diskussionsteilnehmer fordert auch Reding eine neue Politik der Solidarität.

Die einzige Ausnahme war der Generalsekretär der CSV, Laurent Zeimet. Laut ihm ist die Sicherheitspolitik der Europäischen Union richtig, schließlich „muss man auf die Ängste der Menschen eingehen“. Zudem dürfe man nicht vergessen, dass es vor der Tür der EU Kriege gebe, da sei es normal, dass man sich schützen wolle. Unter dem Kopfschütteln einiger Diskussionsteilnehmer forderte der CSV-Politiker letztlich „eine Festung mit einigen Türen, denn man darf nicht vergessen, dass nicht nur nette Leute in die EU wollen“.