«Es waren detaillierte und interessante Diskussionen mit den luxemburgischen Autoritäten», sagte Ashok vin Bhatia, der Repräsentant des Internationalen Währungsfonds (IWF), als er die Pressekonferenz eröffnete. Die größte Herausforderung für das Land sei, das luxemburgische Geschäftsmodell beizubehalten und zu stärken.
Ein kleines, offenes Land
Weil Luxemburg ein kleines, offenes Land ist, seien Vorhersagen über das erwartete Wirtschaftswachstum schwierig. Der Währungsfonds rechnet für Luxemburg mittelfristig mit einem Wachstum von 2,25 Prozent pro Jahr.
Zwei Punkte bereiten der Mission des IWF Sorge: Der Wegfall der Einnahmen aus dem Internethandel werde sich in diesem Jahr stärker auswirken. Ebenso wie die globalen Steuer-Initiativen auf die Einnahmen des Landes.
Die Regierung reagierte auf den ersten Punkt, indem sie die Mehrwertsteuer erhöhte, eine temporäre Einkommenssteuer zum Haushaltsausgleich einführte und viele kleinere Ausgabenkürzungen durchführte.
Der IWF begrüßte die zusätzliche Schaffung des «Fonds souverain intergénérationnel». Aber da der Fonds jedes Jahr nur um 0,1 Prozent des BIP wächst, sei er zu klein, um einen nennenswerten Einfluss auf die Finanzen des Landes zu haben.
Luxemburg solle sich auch mehr in die Debatten über neue internationale Steuerstandards einbringen. Diese können große Auswirkungen auf die Finanzpolitik des Landes haben. Wie weit diese Standards gehen werden, sei momentan noch nicht absehbar. Alle Optionen, welche die Steuereinnahmen robuster machen können, sollten daher ausgeschöpft werden. Der IWF denkt hier an Änderungen der Vermögenssteuer und eine teilweise Abschaffung von Steuerbefreiungen.
Ungewisse Zukunftssektoren
«Luxemburgs komplexer Finanzsektor ist das Herz der Wirtschaft», so Ashok vin Bhatia. «Die Bilanzsumme der Banken beträgt 770 Milliarden Euro, die luxemburgischen Fonds verwalten ein Vermögen von 3,25 Billionen Euro. Der Finanzsektor generiert ein Viertel des BIP, ein Sechstel der Staatseinnahmen und ein Zehntel der Arbeitsplätze.» In anderen Worten: Der Reichtum Luxemburgs ist stark vom Finanzsektor abhängig.
Die europäische Banken-Union sei außerordentlich positiv für das Großherzogtum. Man solle sich auf die Tradition der schnellen Umsetzung von EU-Richtlinien besinnen und die entsprechenden Direktiven schnell implementieren.
Weil die Zukunft des Finanzsektors ungewiss ist, seien die Anstrengungen der Regierung mit dem Ziel, die Wirtschaft zu diversifizieren, ein Schritt in die richtige Richtung. Die Regierung fördert die Logistik, Biotechnologie, ICT und grüne Technologien.
Diese Branchen benötigen Fachkräfte, die das Land nicht bieten kann. Mehr als die Hälfte der neu geschaffen Jobs werden von Grenzgängern besetzt. Während die Arbeitslosigkeit von Einwohnern zum Teil der falschen Qualifikation geschuldet sei.
Unter dem OECD-Durchschnitt
Trotz der hohen Staatsausgaben für Bildung seien die Leistungen der Schulabgänger, vor allem in Mathematik und naturwissenschaftlichen Fächern, unter dem OECD-Durchschnitt. Damit die Diversifizierungsbemühungen nicht von Fachkräftemangel gebremst werden, müssten die zukünftigen Arbeiter die entsprechenden Kompetenzen erwerben.
Der IWF ermutigt die Autoritäten, weitere Reformen im Rentensystem in Angriff zu nehmen. Die Bevölkerung altert beständig, ohne Reformen werde das Land in Zukunft das heutige Rentenniveau nicht halten können.
Im Rahmen des Vorschlages für ein Komitee, das systemrelevante Risiken beobachtet, sprach der Vertreter des IWF die Situation auf dem Wohnungsmarkt an. Der Markt für Wohnungen in Luxemburg sei über Jahrzehnte gewachsen. Dieses Wachstum basiere auf dem realen Bevölkerungswachstum und sei kein Grund zur Beunruhigung. Trotzdem sei Wachsamkeit angebracht. Der Teufel liege, wie so oft, im Detail.
Zu Demaart
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