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Der Zehn Milliarden Euro Deal

Der Zehn Milliarden Euro Deal
(AFP/Eric Piermont)

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Die Konzentration in Frankreichs Mobilfunk Welt geht weiter. Erneut steht der Franco Israeli Patrick Drahi mit seinem Luxemburger Investitionsfonds Altice im Mittelpunkt.

Zehn Milliarden Euro will Drahi an Martin Bouygues zahlen, um Bouygues Telecom mit seinen 11,1 Millionen Mobilfunk-Kunden und seinen 2,4 Millionen Internet Kunden zu übernehmen. Drahi hat mit seinem Luxemburger Investitionsfonds Altice nach der Übernahme des Mobilfunk-Riesen SFR bereits 22 Milliarden Euro Schulden. Die zehn Milliarden, die er jetzt zahlen will, sollen fremd finanziert werden. Die französische Sonntagszeitung JDD will wissen, dass die europäische Großbank BNP Paribas, in Luxemburg mit der Tochter BGL BNP Paribas vertreten, den notwenigen Kredit zur Verfügung stellen will. Ob sie dies alleine tut oder die Führung in einem Kredit-Syndicat übernimmt, war am Sonntag nicht zu erfahren.

Martin Bouygues (Foto: dpa)

Internet-Kunden

Bouygues 2,4 Millionen

Free 5,8 Millionen

Orange 10,3 Millionen

SFR 6,6 Millionen

Mobilfunk

Bouygues 11,1 Millionen

Free 5,8 Millionen

Orange 27,0 Millionen

SFR 23,0 Millionen

Das Angebot ist ein sehr gutes für Martin Bouygues, der seinem Bau-Unternehmen vor 20 Jahren eine Mobilfunktsparte hinzugefügt hatte. Bouygues Mobilfunk wird von Analysten mit zwischen 6,5 bis acht Milliarden Euro bewertet. Martin Bouygues hat in der Vergangenheit alle Angebote abgelehnt. Zuletzt hatte der Low Cost Anbieter Free mit seinem Besitzer Xavier Niel – auch Mit-Eigentümer der Tageszeitung Le Monde – ein Angebot von sechs Milliarden Euro unterbreitet. Es war als undiskutabel abgelehnt worden.

Regierung gegen Fusionen

Die französische Mobilfunklandschaft ist in Bewegung gekommen, seit der Mischkonzern Vivendi sich zu einem Medienkonzern umstrukturiert. Vivendi hat seine Beteiligung an SFR verkauft, Patrick Drahi war im vergangenen Jahr gegen Wind und Wetter der Bieter gewesen, der den Zuschlag erhalten hatte. Drahi hatte sich damals gegen die französische Regierung durchsetzen müssen. Der amtierende Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg hatte mit Unterstützung des Staatspräsidenten einen SFR Verkauf an Martin Bouygues favorisiert. Vivendi hatte sich darüber hinweggesetzt. Auch jetzt wieder wendet sich die französische Regierung gegen die mögliche Fusionen zweier Unternehmen. Wirtschaftsminister Emmanuel Macron meinte am Sonntag, dass eine Fusion zum jetzigen Zeitpunkt nicht opportun sei.

Der französische Mobilfunkmarkt war ein hoch-profitabler für die Unternehmen. Für den Verbraucher war er der teuerste in Europa. Französische Mobil-Telefonierer mussten im Durchschnitt 25 Prozent mehr bezahlen als andere Europäer. Erst als eine vierte Lizenz an Xavier Niel vergeben wurde, der mit Low Cost Angeboten auf den Markt kam, veränderte sich die Situation. Seitdem klagen alle Unternehmen über einen Einbruch der Margen.

Politik verändert

Wirtschaftsminister Montebourg hatte die klare Politik, die Zahl der Anbieter wieder auf drei durch Fusionen zu reduzieren. Daher auch die Favorisierung von Martin Bouygues beim Verkauf von SFR. Diese Politik scheint sich verändert zu haben, weil Macron sich nun gegen die Übernahme von Bouyges Telecom durch SFR wendet.

Drahi scheint, so meldet die französische Sonntagszeitung „Le Journal du Dimanche“ das Übernahme-Angebot gut vorbereitet und im Vorfeld sogar mit dem französischen Kartellamt abgesprochen zu haben. So könnte Konkurrent Xavier Niel Frequenzen, Antennen, und auch einige Boutiquen von Bouygues übernehmen. Marktführer Orange wäre bereit, einige hundert Mitarbeiter zu übernehmen. Orange muss 30.000 Mitarbeiter bis 2020 ersetzen, die ausscheiden werden, kann also Mitarbeiter von Bouygues gut gebrauchen.

Martin Bouygues hatte im Gegensetz zu früher nun durchaus in der Telecomlandschaft zu verstehen gegeben, dass er bereits sei, sein telekom Unternehmen abzugeben. Allerdings gilt er als Fuchs in Verhandlungen. Der Preis von zehn Milliarden Euro gilt als sehr gut. Bouygues aber steigt nun in einen Preispoker ein. Er würde gerne elf Milliarden haben.

Preisanstieg befürchtet

Finanzminister Macron hat wenig Möglichkeiten, den Deal zu beeinflussen. Er befürchtet, dass die Preise wieder steigen könnten. Nicht etwa im Mobilfunkbereich, der in Frankreich ausgereizt scheint und in dem es im wesentlichen darum geht, Kunden abzuwerben, sondern im Internetbereich, in dem die Fluktuation wesentlich geringer ist.

Gewinner dieses neuen Übernahmeversuchs könnte auf Dauer der Low Cost Anbieter Free werden. Marktbeobachter glauben, dass Drahi, wenn ihm der Deal gelingt, gut acht Prozent seiner Kunden an Free verlieren wird. Free würde damit ohne großen Aufwand seinen Marktanteil auf 20 Prozent erweitern können. SFR wiederum wäre auch technisch ein Gewinner, würde die Übernahme gelingen. Die Bouygues Box gilt als die beste im französischen Mobilfunk Markt.

Baumeister eines Konzerns

Martin Bouygues gehört zu den großen Unternehmern in Frankreich. Aus den väterlichen Baukonzern hat er ein weltweites unternehmen gemacht und es daneben zu einem Medienkonzern und zu einem Telekom Konzern ausgebaut.

34 Jahre alt war Martin Bouygues, als er die Führung des väterlichen Baukonzerns übernahm. Der Familie gehörten damals gerade noch sechs Prozent am Kapital des Unternehmens. Was das bedeutete, sollte er wenige Jahre später lernen. Nach dem Tod seines Vaters Francois Bouygues interessierte sich ein anderer Unternehmer, Vincent Bolloré, für den Baukonzern. Martin Bouygues verteidigte sein väterliches Erbe und machte sich daran, es abzusichern. Heutzutage besitzt er 20 Prozent des Kapital des Konzerns.

Der Konzern aber ist nicht mehr mit dem zu vergleichen, den er als junger Mann übernommen hatte. Bouygues steht heute für einen internationalen Baukonzern, für ein Medienunternehmen und für ein Telekom-Unternehmen. Bouyges ist ein „Blue Chip“ der Pariser Börse.

1:1

In der stark miteinander verwobenen „Frankreich AG“, laufen sich die Manager immer wieder über den Weg. Als Bouygues vor 20 Jahren sein Unternehmen in den Telekom Bereich hinein diversifizierte, traf er wieder auf Vincent Boloré, der heutzutage Chef des Mischkonzerns Vivendi ist. Bolloré strukturiert Vivendi derzeit in einen Medienkonzern um. Als Vivendi seine Telekom Sparte SFR verkaufen wollte, zeigte Martin Bouygues sich interessiert, nun aber den kürzeren. Im Match zwischen Bouygues und Bolloré steht es 1:1.

Auch Patrick Drahi, wie Xavier Niel gehören zu den Unternehmern, mit denen Bolloré heutzutage immer wieder zu tun hat. Drahi soll ihm zuletzt im zweiwöchigen Rhythmus Angebote für die Telekom Sparte geschickt haben. Bouyges kennt ihn gut, weiß, wie die Verhandlungen um SFR gelaufen sind und hat nun einen Verhandlungspartner vor sich, den er ausrechnen kann.

Cash

Der heute 62 Jährige Bouygues stellt sichtlich die Weichen für seine Kinder und sammelt cash. Als General Electric die Elektrosparte von Alstom kaufte, gab er seinen 30 prozentigen Anteil für 1,2 Milliarden Euro ab. Derzeit wird das cash Vermögen nach Angaben der Zeitung „le Journal du Dimanche“ zufolge auf etwa 12 Milliarden Euro geschätzt. Gelingt es ihm, Patrick von dem Ursprungsangebot von zehn Milliarden auf elf Milliarden hochzudrücken, dürfte ein hoher Milliarden-Buchgewinn wohl sicher sein. Das könnte genügend sein, um den Familien-Aktienbestand von jetzt 20 auf 50 Prozent aufzustocken. Wenn er seinen Konzern eines Tages an seine Kinder übergibt, müssen die keinen Raider mehr fürchten. Es gibt Erfahrungen, die lassen auch einen gestandenen Manager nicht los.

Dass Martin Bouygues in der französischen Politik gut vernetzt ist, versteht sich von selbst. Erwähnt sei hier nur, dass er der Trauzeuge von Nicolas Sarkozy und der ersten Frau Cecile war und auch der Pate von Sohn Louis ist.

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