Für die beiden wichtigsten Notenbanken der Welt könnten die geldpolitischen Wege schon bald noch weiter auseinander gehen. Die Konsequenzen an den Finanzmärkten wären erheblich – vor allem am Devisenmarkt.
Der Dezember wird voraussichtlich zum Monat der Entscheidungen. EZB-Präsident Mario Draghi hat am Donnerstag klare Signale gegeben, dass die Europäische Zentralbank noch vor Weihnachten bereitsteht, das Bankensystem notfalls mit noch mehr billigem Geld zu fluten. In den USA hingegen wartet Fed-Chefin Janet Yellen seit Monaten nur noch auf den richtigen Zeitpunkt, erstmals seit fast zehn Jahren die Zinsen anzuheben. Mitte Dezember könnte es so weit sein.
Eine noch größere Kluft in der Geldpolitik würde die Investitionsströme kräftig verschieben. „Es riecht schon wieder nach ‹Währungskrieg’“, warnt etwa Devisen-Experte Ulrich Leuchtmann von der Commerzbank. Der US-Dollar trage die Last der Euro-Schwäche. „Und mit ihm die anderen Dollar-Block-Währungen.“ Auch die Landesbank Baden-Württemberg sieht den Euro in absehbarer Zeit auf Talfahrt. Sie prognostiziert bis Ende 2016 einen Euro-Kurs von 1,05 Dollar – aktuell wird die Gemeinschaftswährung bei Kursen um die 1,11 Dollar gehandelt.
„Es riecht nach Währungskrieg“
Draghi kann das nur recht sein: Denn werden Produkte aus dem Euroraum auf dem Weltmarkt günstiger, verschafft das der europäischen Export-Wirtschaft Vorteile. Und das wiederum sorgt für Wachstum und in der Folge für mehr Preisauftrieb – ganz im Sinne der Währungshüter. Denn die Teuerung im Euro-Raum liegt hartnäckig bei Werten um die Nulllinie, im September sanken die Preise sogar um 0,1 Prozent.
Die EZB strebt aber mittelfristig knapp zwei Prozent an. Diesen Wert betrachtet sie als optimal für die Wirtschaftsentwicklung. Fallende Preise will die Notenbank unbedingt verhindern, weil sich Verbraucher dann in der Erwartung zurückhalten, Produkte bald noch günstiger zu bekommen. Firmen verdienen dann weniger und zögern Investitionen hinaus – eine Abwärtsspirale setzt ein.
Euro-Abwertung ist nicht gut
Für Yellen kommt eine neuerliche Abwertung des Euro zur Unzeit. Schon in ihrem Wirtschaftsbericht Beige Book hatte die Fed darauf hingewiesen, dass die Dollar-Stärke die Geschäfte im Verarbeitenden Gewerbe und in der Tourismusbranche erschwert. Commerzbank-Experte Leuchtmann weist darauf hin, dass die Fed zuletzt die Bedeutung der Wechselkurse für Inflation und Wachstum betont hat. „Eine weitere Dollar-Aufwertung dürfte den Appetit der US-Währungshüter auf Zinserhöhungen noch weiter dämpfen.“
Seit Monaten rätseln Investoren an den Finanzmärkten, warum die Fed so zögerlich handelt, wenn doch der erste Zinsschritt gar nicht so bedeutend sein soll, wie Yellen stets wiederholte. Der Geschäftsführer der Allianz-Fondstochter Pimco, Joachim Fels, spricht nach der langen Hängepartie um die erste Anhebung seit fast zehn Jahren bereits von einer „Phantom-Zinserhöhung.“
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