Die Europäische Union wächst mit den Krisen, denen sie sich stellen muss, wird immer gesagt. Als Beispiel wird dabei etwa auf die Finanz- und Wirtschaftskrise und die sich daran anschließende Schuldenkrise verwiesen, in deren Folge eine Reihe von Regeln beschlossen wurden, die dazu beitragen sollten, die Euro-Staaten krisenfester zu machen und enger aneinander zu binden. Doch noch wurden nicht alle Lehren aus dieser Krise gezogen. Die 28 sind an einem Punkt angekommen, an dem sie eine neue Ebene der Integration beschreiten müssten. Dies zu wagen, sind sie allerdings noch nicht bereit.
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Dazu müssten auch einige Änderungen in der Steuerpolitik zählen. Denn im Zuge der LuxLeaks-Enthüllungen hat sich die auf europäischer Ebene bereits vorhandene Vertrauenskrise in die Fähigkeit der Politik, das Gemeinwohl gegenüber Partikularinteressen zu verteidigen, weiter verschärft. Entlarvend und betrüblich zugleich ist es, dass gleich beim ersten Gesetzgebungsvorschlag, der von der Kommission vorgelegt wurde, um zu mehr Transparenz, Fairness und Gerechtigkeit in Steuerfragen in der EU zu gelangen, die EU-Staaten ein ganzes Stück hinter dem Möglichen zurückbleiben.
Nun hat es die EU mit einer weiteren Krise zu tun, die die Europäer in vielen Hinsichten wieder an ihre Grenzen bringt, die überwunden werden müssen, nicht nur um die Krise beizulegen, sondern auch um, ebenso wie im Zusammenhang mit der Wirtschafts- und Währungsunion, Konstruktionsfehler zu beheben. Dass die sogenannte Dublin-Regelung, nach der ein Asylantrag in dem Land gestellt werden muss, in das ein Schutzsuchender als Erstes eingereist ist, durch die Ereignisse der letzten Wochen und Monate außer Kraft gesetzt wurde und sich als untauglich erwiesen hat, dürfte mittlerweile eine von jedem geteilte Erkenntnis sein. Daraus müsste unweigerlich die Schlussfolgerung gezogen werden, dass die EU-Staaten sich ein einheitliches Asylsystem geben müssen, das durchaus auch europäisch verwaltet werden sollte, wenn auch in Abstimmung mit nationalen Behörden.
Dies ist ebenso unumgänglich, wenn der Schengenraum weiter erhalten werden soll, wie die Schaffung einer europäischen Grenzschutztruppe. Es ist in keiner Weise folgerichtig, die Außengrenzen der EU zwar als europäisch zu bezeichnen, es den jeweiligen Nationalstaaten aber allein zu überlassen, weiterhin die Verantwortung für deren Schutz zu tragen. Daran schließen sich zwar unweigerlich Fragen und Bedenken hinsichtlich der territorialen Souveränität an. Doch sind diese überwindbar, denn auch im Rahmen des Schengenabkommens dürfen Polizeibeamte in bestimmten Fällen über ihre Landesgrenzen hinweg tätig werden.
Die EU-Staaten werden zudem auch ihre Außen- und Sicherheitspolitik überdenken müssen. Denn sie müssen sich fragen, warum über den Syrienkonflikt, von dem sie mit dem Flüchtlingszustrom besonders betroffen sind, auf internationaler Ebene nur die USA, Russland und einige Regionalmächte verhandeln, ein europäischer Vertreter bei diesen Gesprächen jedoch nicht zugegen ist.
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