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Kein Verlass

Kein Verlass
(Alain Rischard/editpress)

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Camerons Bedingungen für Britanniens Verbleib in der EU

Der britische Premierminister David Cameron hat nun endlich präzisiert, in welchen Punkten er welche Änderungen in den Beziehungen zwischen Großbritannien und der Europäischen Union wünscht, damit er gegenüber seinen Landsleuten bei dem von ihm initiierten Referendum für einen Verbleib in der Union plädieren kann. Doch schon hier beginnen die Schwierigkeiten.

Guy Kemp / gkemp@tageblatt.lu

Hat er wirklich die richtigen Themen vorgelegt, die die Briten behandelt wissen wollen, und woher weiß er, welche Kompromisse er eingehen darf? Eine demokratische Debatte über das, was Cameron am Dienstag vorgelegt hat, wurde im Vereinigten Königreich nicht geführt. Die Reaktionen in Großbritannien selbst zeigen – und der Premierminister hatte es in seiner Rede vorweggenommen –, dass vielen seiner Landsleute die von ihm gestellten Forderungen nicht weit genug gehen. Es könnte daher sein, dass bei der späteren Volksabstimmung weniger das Verhandlungsresultat mit den anderen 27 EU-Partnern im Vordergrund der Abstimmung steht als vielmehr die vermeintlich verpasste Chance, mehr bei anderen Themen herausgeschlagen zu haben.

Will heißen: Wenn man einmal die Büchse der Pandora geöffnet hat, in diesem Fall auf Sonderwünsche eingeht (was sich künftig nicht nur auf Großbritannien beschränken muss), wird es schwierig, eine Mehrheit zufriedenzustellen.

Grundsätzlich stellt sich ohnehin die Frage, was die Briten eigentlich wollen, schicken sie sich doch nicht nur an, ihr mittlerweile zweites Referendum über ihre EU-Mitgliedschaft innerhalb von 44 Jahren vorzubereiten. Cameron verlangt zudem unter anderem eine Befreiung von der Festlegung auf eine „immer engere Union“ (dritter Punkt von den von ihm festgelegten vier Zielen).

Abgesehen davon, dass das von den anderen 27 EU-Staaten längst gewährt wurde (siehe Punkt 27 der Schlussfolgerungen vom 27. Juni 2014), ohne dass die Welt und somit auch die Untertanen Ihrer Majestät viel Notiz davon genommen haben, hat das britische Parlament vor etwas mehr als sieben Jahren diesem Prinzip mit der Ratifizierung des Lissabonner Vertrags zugestimmt. Und die unter diesem Punkt ebenfalls von Cameron geforderte stärkere Einbeziehung der nationalen Parlamente in den europäischen Gesetzgebungsprozess ist ebenfalls bereits im Lissabonner Vertrag enthalten. Insofern rennt der britische Premierminister offene Türen ein. Oder er will es sich und den EU-Partnern einfach machen, indem er auf die Ignoranz seiner Wähler setzt.

Es stimmt, dass noch längst nicht alles perfekt in der EU ist und diese, so wie auch Staaten, sich immer wieder neuen Gegebenheiten anpassen müssen. In der Union ist denn auch manches in Bewegung, vor allem wenn es darum geht, die Wirtschafts- und Währungsunion und damit den Euroraum zu stärken, stehen noch grundlegende Veränderungen an. Nur müssen sich die Staaten darauf verlassen können, dass wenn einmal eine große Vertragsänderung vorgenommen wurde und sich alle darauf verständigt haben, diese mindestens länger Bestand haben müsste als daran verhandelt wurde. Auf Großbritannien scheint in diesem Sinne kein Verlass zu sein.