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Home sweet home

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Home sweet home

Gerne rühmt sich Luxemburg seines Sozialstaats und blickt dabei etwas verächtlich auf seine Nachbarn, die nur über ein geringes oder gar kein garantiertes Mindesteinkommen verfügen. Wer kann schon ein „Revenu minimum garanti“ (RMG) von rund 1.300 Euro bieten, der Arbeitssuchenden ein „anständiges“ Leben ermöglichen soll? Doch das Zugeständnis dieses RMG ist in Luxemburg an strenge Bedingungen geknüpft. Besonders wenn es um die Wohnsituation geht, erweist sich die luxemburgische Gesetzeslage als äußerst liberal und nur wenig sozialstaatlich.

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So dürfen RMG-Empfänger nicht in einer „Communauté domestique“ wohnen, sondern müssen einen „Ménage à part“ gründen, damit sie das Mindesteinkommen empfangen können. Im Klartext heißt das, dass Arbeitslosen nicht das Recht zugestanden wird, in einer Wohngemeinschaft zu leben, sondern sie sich bitteschön eine eigene Wohnung suchen sollen, ansonsten wird ihnen das Recht auf staatliche Unterstützung gestrichen. Bei den horrenden Wohnungspreisen in Luxemburg klingt das wie ein schlechter Witz.

Um der Gerechtigkeit willen wird für Flüchtlinge natürlich keine Ausnahme gemacht. In einem Rundschreiben, welches das Innenministerium vergangene Woche an die Gemeinden verschickt hat, werden diese dazu aufgefordert, freie Wohnungen in ihrem Besitz für die Unterbringung von Flüchtlingen zur Verfügung zu stellen. Betont wird in dem Schreiben aber auch, dass luxemburgische Wohnungshilfe-Empfänger nicht vernachlässigt werden dürfen. Für den Fall, dass nicht ausreichend Gemeindewohnungen zur Verfügung stehen, sollen die Gemeinden Privatwohnungen anmieten. Für teurere Wohnungen werde der Staat die Differenz bezahlen.

Nun ist aber schon seit Jahren bekannt, dass viele Kommunen nicht über genügend Sozialwohnungen verfügen. Die Wartelisten beim „Fonds du logement“ und der „Société nationale des habitations à bon marché“ sind ellenlang. Und auf einmal sollen die Gemeinden auch noch Wohnungen für Flüchtlinge zur Verfügung stellen?

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wieso die Regierung noch immer nicht zulässt, dass Privatleute Flüchtlinge aufnehmen dürfen, ohne dass diese ihr Recht auf Sozialhilfe verlieren. Trotz anderslautender Aussagen der Ministerin für Familie und Integration sind im neuen Gesetzesprojekt zur Aufnahme von Asylschutzsuchenden keine entsprechenden Bestimmungen vorgesehen. So verlieren Flüchtlinge noch immer ihr Anrecht auf den RMG, sobald sie mit anderen zusammenleben.

In ihrer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der LSAP-Abgeordneten Yves Cruchten und Taina Bofferding hatte Integrationsministerin Corinne Cahen am 25. September behauptet, die luxemburgischen Gesetze seien in dieser Hinsicht flexibel. Das OLAI werde mit der Erstellung eines „véritable réseau d’hébergement privé pour les réfugiés“ befasst. Personen, die den Flüchtlingsstatus erhalten haben, hätten das Anrecht auf alle sozialen Leistungen und könnten dank des RMG ihren Mietbeitrag bei Privatpersonen leisten, so die Ministerin. In ihrer Antwort heißt es weiter: „A ma demande, le Fonds national de solidarité a analysé la possibilité de considérer la personne réfugiée hébergée chez un particulier comme formant un ménage à part.“

Unseren Informationen nach weiß der „Fonds de solidarité“ davon bis heute nichts. Wohl auch aus diesem Grund forderte die „Commission consultative des droits de l’Homme“ in ihrem Gutachten zu besagtem Gesetzesprojekt am vergangenen Freitag die Regierung dazu auf, Bestimmungen für die Unterbringung von Flüchtlingen bei Privatpersonen festzulegen.
Und tatsächlich wäre es vielleicht auch ungerecht, in dieser Angelegenheit Flüchtlinge gegenüber einheimischen und europäischen Sozialhilfe-Empfängern zu bevorzugen. Deshalb bleibt als einzige Lösung eine Reform des RMG-Gesetzes. Denn aus welchem triftigen Grund sollte Menschen, die keine Arbeit finden und auf staatliche Unterstützung angewiesen sind, nicht auch das Recht auf Zusammenleben und gemeinschaftliches Wohnen zugestanden werden?