Der umstrittene Internet-Unternehmer Kim Dotcom (41) hat die erste Runde in seinem Kampf gegen eine Auslieferung an die USA verloren, will sich aber weiter wehren. Ein Gericht in Neuseeland entschied am Mittwoch, dass der aus Deutschland stammende Dotcom zusammen mit drei weiteren Angeklagten ausgeliefert werden kann. US-Staatsanwälte werfen ihnen Urheberrechtsverletzungen in großem Stil bei der Online-Speicherplattform Megaupload vor. Bei einer Verurteilung droht Dotcom eine lange Haftstrafe.
Dotcoms amerikanischer Anwalt Ira Rothken kündigte über den Kurzmeldungsdienst Twitter umgehend eine Berufung an. Gegen die Entscheidung von Richter Nevin Dawson, der von einer «erdrückenden Beweislast» gegen die Beschuldigten sprach, können innerhalb von 15 Tagen Rechtsmittel eingelegt werden. Am Ende entscheidet die neuseeländische Justizministerin Amy Adams, die erst den Ausgang des Berufungsverfahrens abwarten will. Dotcoms neuseeländischer Anwalt Ron Mansfield sagte dem «Wall Street Journal», das Berufungsverfahren könne Jahre dauern.
Razzia, neue Plattform und Piratenyacht
Die Entscheidung über die Auslieferung kommt fast vier Jahre nach der aufsehenerregenden Razzia auf Dotcoms Anwesen, bei der unter anderem viele Autos beschlagnahmt worden waren. Er war vorläufig festgenommen worden.
Insgesamt ist es ein zähes Verfahren. Premierminister John Key musste sich an einem Punkt bei Dotcom entschuldigen, weil dieser illegalerweise vom neuseeländischen Geheimdienst überwacht wurde. Dotcom bekam in dieser Zeit Zugriff auf einen Teil seines Geldes, startete die neue Daten-Plattform Mega und gründete eine Internet-Partei, die jedoch bei Wahlen erfolglos blieb.
Vor kurzem zog der 41-jährige Dotcom mit seinen Kindern nach eigenen Angaben aus dem Anwesen auf eine Yacht, die er sein «Piratenschiff» nennt. Er stammt aus Kiel und wurde unter seinem ursprünglichen Namen Kim Schmitz in der deutschen Hackerszene bekannt, bevor er ihn offiziell in Dotcom ändern ließ.
Über Megaupload waren laut den Vorwürfen der US-Ankläger massenhaft illegale Kopien von Filmen und Musik verbreitet worden. Dadurch sei Rechteinhabern wie Hollywood-Studios ein Schaden von über einer halben Milliarde US-Dollar (heute etwa 0,46 Milliarden Euro) entstanden.
In der Anklage wurden Auszüge aus E-Mails veröffentlicht, die belegen sollen, dass Dotcom und andere Manager von Megaupload von den Copyright-Verletzungen gewusst und die Nutzer sogar dazu animiert hätten. Megaupload verdiente Geld unter anderem mit Gebühren für schnellere Datenübertragung, was bei großen Dateien wie Filmen auch nötig ist. Dotcom weist die Vorwürfe zurück. Er habe nur eine Plattform betrieben.
Richter Dawson analysierte in seiner rund 270 Seiten langen Entscheidung sowohl die Vorwürfe der US-Staatsanwälte als auch die Antworten der Angeklagten darauf.
Dotcom-Chronologie:
März 2005: Kim Dotcom, einst in Deutschland geboren unter dem Namen Kim Schmitz, gründet die Online-Speicherplattform Megaupload. Bei ihr können Dateien im Netz abgelegt und über Links abgerufen werden. Laut US-Anklägern landen dort auch viele illegale Kopien von Filmen.
Februar 2010: Dotcom zieht mit seiner Familie nach Neuseeland.
Januar 2012: Das Anwesen Dotcoms wird auf Forderung der US-Justiz durchsucht, sein Besitz beschlagnahmt. Die Ermittler werfen ihm massive Urheberrechtsverletzungen bei Megaupload vor. Die Website wird vom Netz genommen.
Februar 2012: Dotcom kommt nach einem Monat in Haft gegen Kaution frei.
Juni 2012: Das Oberste Gericht in Neuseeland erklärt die Razzia auf Dotcoms Anwesen für rechtswidrig.
September 2012: Gerichtsdokumente belegen, dass Dotcom vor seiner Festnahme Ziel einer illegalen Abhöraktion des neuseeländischen Geheimdienstes GCSB war. Für den Einsatz gegen einen Ausländer mit Aufenthaltsgenehmigung gab es keine rechtliche Grundlage. Premier John Key entschuldigt sich.
Januar 2013: Dotcom startet den neuen Speicherdienst Mega, bei dem er inzwischen ausgeschieden ist.
Januar 2014: Dotcom kündigt die Gründung einer Internet-Partei an, die sich für Freiheit und Privatsphäre im Netz einsetzen solle. Bei den Wahlen im September erleidet sie eine krachende Niederlage.
September 2014: Das Auslieferungsverfahren wird fortgesetzt.
Dezember 2015: Ein Gericht in Neuseeland entscheidet, dass Dotcom an die USA ausgeliefert werden könne. Dotcoms Anwälte wollen in Berufung gehen.
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