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Kein Champagner für TTIP

Kein Champagner für TTIP
(dpa/Arno Burgi)

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Noch nie mischten sich die Menschen in die Wirtschaftspolitik so ein wie beim geplanten Freihandelsabkommen TTIP. 2016 soll eine Entscheidung fallen.

Wenn es um die nicht erreichten EU-Ziele des Jahres 2015 geht, fällt Vielen zuallererst die Bewältigung der Flüchtlingskrise ein. Mindestens ebenso krachend scheiterte allerdings das Vorhaben, die Verhandlungen mit den USA über das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP abzuschließen. Wird es 2016 etwas? Fragen und Antworten zum bedeutendsten europäisch-amerikanischen Wirtschaftsprojekte im Überblick:

Die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten hatten noch beim Gipfeltreffen im vergangenen März eine Abschluss der Verhandlungen bis Jahresende 2015 gefordert. Was lief schief?

Die Gespräche mit den USA entpuppen sich als komplexer als erwartet. In vielen Bereichen wird über Detailfragen gestritten – so zum Beispiel über einheitliche Standards für Textilien, Auto-Crashtests oder für die Zulassung von Kosmetika. Wer denkt, dass die EU dabei nur dafür kämpfen muss, dass europäische Standards nicht gesenkt werden, irrt allerdings.

«Die Amerikaner haben ebenfalls sehr hohe Standards und manche sind sogar höher als unsere», sagte jüngst EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström. «Das zeigt, dass wir nicht immer die Besten sind.» Als ein Beispiel für hohe US-Standards gelten die amerikanischen Verbraucherschutzrechte bei Finanzdienstleistungen.

Gibt es weitere Erklärungsmöglichkeiten für den Zeitverzug?

Eine Rolle dürfte auch der unerwartet heftige Widerstand gegen die Verhandlungen in Europa spielen. TTIP-Gegner befürchten nicht nur eine Absenkung europäischer Standards, sondern auch, dass internationale Großkonzerne noch mehr Macht bekommen könnten. Zum Beispiel, indem sie über TTIP das Recht erhalten, vor privaten Schiedsgerichten gegen Staaten zu klagen.

Die auf europäischer Seite für die Verhandlungsführung zuständige EU-Kommission erarbeitete deswegen extra ein Konzept für eine Reform des aktuellen Schiedsgerichtssystems. Es soll mehr normalen Gerichten entsprechen – mit Richtern, die von den Staaten ernannt werden.

Gibt es in den USA Verständnis für die Bedenken der europäischen TTIP-Kritiker?

Eher nicht. So stößt beispielsweise der von der EU-Kommission vorgelegte Reformvorschlag für eine neue Investitionsgerichtsbarkeit in Washington auf wenig Begeisterung. Dabei wird darauf verwiesen, dass der amerikanische Staat bislang noch kein einziges Mal ein Verfahren vor einem privaten Schiedsgericht verloren habe.

Zudem wird provokativ gefragt, warum es gerechter sein sollte, wenn künftig ausschließlich eine Streitpartei – nämlich die Staatsseite – die Richter aussucht. Bei den herkömmlichen Schiedsgerichten stellte schließlich beide Seite die Richter.

Was werden die heikelsten Verhandlungsthemen im Jahr 2016?

Neben den Schiedsgerichten werden unter anderem die öffentlichen Beschaffungsmärkte ein Thema sein. Muss ein US-amerikanischer Bundesstaat künftig einem europäischen Unternehmen einen Auftrag erteilen, wenn dieses zum Beispiel für den Bau einer neuen U-Bahn ein besseres Angebot macht als ein amerikanisches Unternehmen? Fragen dieser Art gilt es klar zu beantworten.

Schwierig dürfte auch die Diskussion um sogenannte geografische Herkunftsbezeichnungen für Lebensmittel werden. In den USA ist es beispielsweise erlaubt, einen Schaumwein aus Kalifornien «Kalifornischen Champagner» zu nennen. In der EU dürfen hingegen nur diejenigen Schaumweine Champagner genannt werden, die aus dem französischen Weinanbaugebiet Champagne kommen und nach bestimmten Standards hergestellt wurden.

Werden die Verhandlungen 2016 abgeschlossen?

Das gilt als äußerst unwahrscheinlich, vor allem, weil in den USA Präsidentschaftswahlen anstehen. In der EU-Kommission erwartet kaum jemand, dass die in Washington regierenden Demokraten im Wahlkampf Zugeständnisse machen oder Kompromisse eingehen, die von den Republikanern als Schwäche gedeutet werden könnten.

Der europäische Grünen-Chef Reinhard Bütikofer sagt zum Thema: «Wenn Europa auf breiter Front einknickt, dann kann es 2016 noch ein Ergebnis geben, sonst nicht.» Auch in den USA werden die Erwartungen gedämpft. Es sei besser, die «Frucht TTIP» ein bisschen länger auf dem Baum zu lassen, als sie zu früh zu ernten, heißt es.