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Ignorieren geht nicht

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Fremde Probleme, die zwangsläufig auch unsere sind

Es gibt so Jubiläen, bei denen es definitiv nichts zu feiern gibt. Im Gegenteil. Fünf Jahre „arabischer Frühling“ gehören in diese Kategorie. Was waren damals Hoffnungen aufgeblüht: Endlich werde auch der arabischen Welt Freiheit und Demokratie zuteil, nebst dem wirtschaftlichen Aufbruch, welcher angeblich damit schon fast zwangsläufig einhergeht.

Auch westliche Bomben wurden (und werden) eingesetzt, um die bösen Despoten zu vertreiben und einer neuen Ära zum Anbruch zu verhelfen.

Fünf Jahre danach stehen wir vor einem totalen Desaster. Zumindest Libyern und Syrern hat dieser „Frühling“ weder Democracy noch Freedom gebracht, sondern den Abstieg in die Hölle.

Und während Tunesien wohl etwas demokratischer wurde, hat sich an den desaströsen wirtschaftlichen Verhältnissen, welche die Jugend zur Verzweiflung treiben, rein gar nichts geändert. Dass es islamistischen Fanatikern auch noch gelungen ist, mit Attentaten auf Touristen die Axt an den für Tunesien lebenswichtigen Fremdenverkehrssektor zu legen, hat jede Hoffnung auf Verbesserung auf absehbare Zeit erstickt.

Uns Europäer geht dieses Desaster unmittelbar was an: Millionen von arbeitslosen und oft bitterarmen Nordafrikanern haben nichts zu verlieren, wenn sie durch die illegale Emigration nach Europa eine Verbesserung ihres miserablen Lebensstandards suchen.

Wobei man selbstverständlich die Probleme Nordafrikas nicht lösen kann, indem man Nordafrika nach Europa holt. Diese Krise macht aber deutlich, dass wir Europäer ein lebenswichtiges Interesse daran haben, uns für Nordafrika zu interessieren. Und zwar definitiv nicht mehr mit Bomberkampagnen zwecks Regimechange.

Der syrische Exodus nach Europa ist ebenfalls die direkte Konsequenz dieses gescheiterten Frühlings: Und viele Europäer beginnen Müdigkeitserscheinungen zu zeigen und fragen, wie das alles wohl weitergehen soll.

Nun: Am Grundproblem hat sich nichts geändert. Können wir tatenlos zuschauen, wenn Menschen, die keinen anderen Ausweg als Flucht mehr sehen, im Mittelmeer ersaufen oder unter Plastikplanen erfrieren? Klar können wir das! Doch dann dürfen wir uns nicht mehr als zivilisierte Gemeinwesen bezeichnen.

Sicher stehen wir Europäer vor enormen Problemen, denn ein Ende der Fluchtwelle ist nirgendwo abzusehen. Doch können wir, wie gesagt, diese Menschen nicht vor unseren Augen krepieren lassen. Zudem werden uns die Konsequenzen der diversen arabischen Katastrophen totsicher nicht dadurch erspart bleiben, dass wir das ganze Debakel zu ignorieren und uns mit Beton und Stacheldraht (und sicher auch irgendwann Minenfeldern und MGs) davon zu isolieren suchen.