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Solidarität wiederbelebt

Solidarität wiederbelebt
(Alain Rischard/editpress)

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Eine interessante Wahlkampagne in den USA

Im US-Wahlkampf sind in Europa fast alle Augen auf Donald Trump gerichtet. Seine Show ist zwar abscheulich, aber dafür umso spektakulärer. Dieser vulgäre, brutale Rechtspopulist hat nicht zuletzt deshalb so viele Anhänger, weil sich viele Wähler in ihm wiedererkennen. Rücksichts- und kulturlos. Et fier de l’être.

Doch darf man nicht vergessen, dass dieser gefährliche Milliardärskasper zurzeit dennoch nur eine Minderheit der US-Wähler überzeugt. Insgesamt gibt dieser Wahlkampf nämlich durchaus Anlass zur Hoffnung, wie die doch etwas überraschende Popularität des Demokraten Bernie Sanders zeigt.

Vor noch nicht allzu langer Zeit wäre Sanders von den allermeisten US-Wählern als „Commie“ abgestempelt worden, als jemand, der im Verein mit der UNO und deren unter Verschwörungstheoretikern berüchtigten „schwarzen Helikoptern“ das „Land der Freien“ unter das Joch des Kommunismus zwingen will. Doch sozialdemokratische Ideen scheinen bei einem nicht unerheblichen Teil der amerikanischen Wählerschaft mittlerweile salonfähig geworden zu sein.

Und das ist kein Zufall: Seit vor 35 Jahren Ronald Reagan ins Weiße Haus einzog und die neoliberale „Pensée unique“ zur Staatsreligion erhoben wurde, ist es mit der Mittel- und Arbeiterklasse in den Vereinigten Staaten stetig bergab gegangen. Die Reichen werden zusehends reicher, doch gerade in den Rängen der unteren Mittelklasse wächst die Anzahl jener, die wachsende Probleme haben, ihren Lebensstandard zu halten.

Zudem haben sich die Lebensverhältnisse der Working Poor seit 1981 ebenfalls zum Schlechteren gewendet: Hier handelt es sich um jene Armee von Heloten, die auch nach der Ableistung ungezählter, aber miserabel bezahlter Arbeitsstunden zu viel zum Sterben, aber zu wenig zum Leben haben.

Und so scheinen doch mittlerweile eine ganze Reihe von US-Bürgern zu schnallen, dass der drohende oder bereits erfolgte soziale Abstieg nichts damit zu tun hat, dass sie nun mal „Loser“ sind, die es ipso facto ganz einfach nicht besser verdient haben, sondern vielmehr damit, dass die Herren des Geldes – bei den Republikanern noch viel stärker als bei den Demokraten – die Plutokratie als allein selig machende Staatsform predigen und eine Politik durchgesetzt haben, welche die Umverteilung des Wohlstandes von unten nach oben mit erschreckender Effizienz verwirklicht.

Sanders ist es jetzt bereits gelungen, das Konzept der Solidarität bei vielen seiner Landsleute wiederzubeleben. Die Idee also, dass in einer lebenswerten Gesellschaft die Habenden die Habenichtse nicht einfach ausquetschen und verrotten lassen dürfen. Zwar wird Sanders am Ende wohl nicht zum Kandidaten der Demokraten bestimmt werden, doch allein dadurch, dass er Hillary Clinton zu einem etwas linkeren Kurs zwingt, könnte er einen ausgesprochen positiven Einfluss auf die US-Politik ausüben.