Dies sollte im Rahmen eines Agrarforums erfolgen, verbunden mit einer breiten öffentlichen Diskussion, die endlich eine wirkliche Annäherung von Verbraucher und Landwirt herbeiführen soll.
Kaum ein Berufsstand sehe sich derzeit so vielen und komplexen Herausforderungen auf verschiedenen Ebenen ausgesetzt wie die Landwirtschaft, so „Méco“-Präsidentin Blanche Weber gestern gegenüber der Presse.
Meiden öffentliche Debatte
Einkommensverlust, Subventionspraxis, fallende Weltmarktpreise, Umweltaspekte usw., die Last sei schier erdrückend. Viele um ihr wirtschaftliches Überleben kämpfenden Landwirte würden sich unverstanden fühlen und hätten den Eindruck, sie müssten sich ständig rechtfertigen. Was dazu führe, dass sie eine öffentliche Debatte über die Zukunft der Landwirtschaft meiden würden.
Auf der anderen Seite hätten die Verbraucher immer noch eine Art „romantisch verbrämtes“ Bild der Landwirtschaft vor Augen, mit glücklichen Kühen und schöner Natur. Und würden in der Praxis jedoch billige Produkte bevorzugen. „Bild und Realität passen nicht zueinander“, so Blanche Weber.
Das Landwirtschaftsministerium werde seiner Rolle hierbei nicht gerecht. Als symbolträchtig für die heutige Problematik in der Landwirtschaft bezeichnete Blanche Weber die geplante Einrichtung von zwei großen Betrieben mit jeweils über 1.000 Tieren – Milchkühe, Kälber und Zuchttiere. Diese Größenordnung entspricht mehr als 20 Mal dem durchschnittlichen Luxemburger Milchbetrieb mit 59 Kühen bei einer landwirtschaftlichen Fläche von 70 Hektar.
Familienbetriebe
Ist dies die Lösung? Soll sich Luxemburg an der Größenordnung des globalisierten Marktes orientieren, fragt sich Blanche Weber? Oder soll es in Richtung hochwertiger Qualitätsprodukte für Regionalmärkte arbeiten? Landwirtschaftsminister Fernand Etgen könne Großbetriebe nicht verhindern. Obwohl auch er sich eher für mittelständische Familienbetriebe mit 200 Milchkühen und fünf Mitarbeitern ausspreche.
Für Roger Schauls ist es daher wichtig, sachlich über die aktuellen Probleme zu reden. Bei einem Großbetrieb würden sich konkrete Probleme aufzeigen, z.B. bei der anfallenden Gülle. Soll sie gemäß bestehenden Gesetzen ausgebracht werden, werde zusätzliche Nutzfläche gebraucht.
Druck auf Pacht
Im gegebenen Fall spreche man von bis zu 1.500 Hektar, das sind 15 km2. Entweder müsse diese Fläche hinzugepachtet werden, was den Druck auf die Pachtpreise erhöhe, oder aber es würden Verträge mit anderen Landwirten abgeschlossen. Gülle-Verklappung als Broterwerb für die einst so stolze Landwirtschaft könne jedoch nicht das Ziel einer nachhaltigen Landwirtschaft sein, die in den nächsten sieben Jahren mit rund 700 Millionen Euro subventioniert werden wird, so Schauls.
Der Druck würde nicht nur auf die Fläche, sondern auch auf die Biodiversität zunehmen. Große Betriebe brauchen Futter. Dauer- und Weidegrünland würden großflächigen, hochproduktiven Gras-Wiesen weichen, so die Befürchtung. Feldwege, Wegränder, Brachstreifen, Hecken oder einzelne Bäume würden verschwinden und einer blütenlosen Intensiv-Grünlandschaft weichen. Und: die Landschaft werde an die Maschinen angepasst und nicht umgekehrt, wie Jacques Pir festhält.
Er sieht auch Probleme bei der Tierhaltung in Großbetrieben. Höhere Veterinärskosten seien sicher, die Milchkühe würden mit Sondernahrung zu Hochleistungsmilchkühen getrimmt. Auch das neue Agrargesetz biete keine Zukunftsstrategie, sondern sei eher ein „technokratischer Wust an Modalitäten“, nur noch für Insider verständlich. „Méco“ fordert daher das Einberufen eines Agrarforums, das ein Leitbild für die Zukunft der Landwirtschaft ausarbeiten soll. Gekoppelt an eine breite öffentliche Diskussion. Eine solche habe hierzulande noch nie abschließend stattgefunden.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können