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Die Propaganda-Ära

Die Propaganda-Ära
(Alain Rischard/editpress)

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Weshalb Politiker Opfer ihrer eigenen PR-Leute werden

Wir leben in einer neuen, globalen Propaganda-Ära – so die Befürchtung von „Reporter ohne Grenzen“. Es sei für die Mächtigen rund um den Globus einfacher denn je, ihre Propaganda zu verbreiten, dies vor allem über soziale Medien.

Was zunächst dramatisch klingt, entfaltet sich in der Praxis weniger auffällig. Öffentlichkeitsarbeit ist kein neues, sondern, ganz im Gegenteil, ein altes Phänomen. Dass sie einst aus der Notwendigkeit heraus entstanden war, um auf Fehlinformationen über die eigene Person oder Unternehmen zu reagieren, wissen nur die wenigsten. Von dieser sinnvollen Öffentlichkeitsarbeit haben sich die heutigen PR-Leute aber meilenweit entfernt. Während Unternehmenssprecher lediglich daran interessiert sind, sich die Presse vom Hals zu halten oder sie zu ködern, ist die politische PR-Kommunikation noch gefährlicher. Dies zeigt sich nicht zuletzt in der von „Reporter ohne Grenzen“ beschriebenen Befürchtung. Allerdings sollte man hier klar festhalten, dass soziale Medien an sich nicht das Problem sind, sondern ihre Instrumentalisierung durch professionelle PR-Heinis.

Nehmen wir ein paar Beispiele. Mittlerweile verfügt fast jede noch so kleine Gemeinde über ihren PR-Profi. Verlässt man die lokale Ebene und richtet den Blick auf die Regionen, Länder und schließlich die Institutionen, so bläht sich der PR-Apparat immer weiter auf. Aus einzelnen Pressesprechern werden kleine PR-Teams und in der großen Politik schließlich ganze Abteilungen, deren einziges Ziel das Zurechtbiegen unbequemer Wahrheiten ist. Was so harmlos klingt, bedeutet am Ende jedoch nur eins: den Versuch, aufklärende Journalisten und ihre „lästigen“ Fragen gar nicht erst zum Zuge kommen zu lassen, sie abzuwimmeln oder, wenn es gar nicht mehr anders geht, den „Schaden“ so klein wie möglich zu halten. Das Ganze wird jedoch perfider, wenn es um die ungefilterte Selbstdarstellung von Politikern, Parteien oder Institutionen geht. Nie konnten sie schneller, einfacher und mit modernsten Kommunikationsmitteln vor allem junge und leicht zu beeinflussende Menschen erreichen. Nicht jeder fällt auf die oft plumpen Botschaften herein. Allerdings entsteht durch die oft hohen Investitionen in die von Staaten gelenkte professionelle Meinungsbeeinflussung ein gefährliches Ungleichgewicht, dem sich Journalisten und Medienhäuser rund um den Globus mit aller Unabhängigkeit entgegenzusetzen versuchen. Was bereits bei Unternehmen grenzwertig ist, dürfte jedoch niemals zur Praxis von Staaten gehören. Tut es aber.

Wir wollen aber nicht im Selbstmitleid versinken. Deshalb richtet sich der folgende Denkansatz an alle Politiker, die von ihren Presse-Leuten abhängig sind. Die Gestaltung von Politik, Gesellschaft, Kultur, Sport und Wirtschaft kann nicht von Politikern umgesetzt werden, deren Sprache, Gedanken und Handlungen von Dritten gefiltert werden. Ist es Politikern nicht peinlich, dass sie Dinge in Interviews erst sagen, wenn ihre PR-Leutchen, die wie Nannys neben ihnen sitzen, mit dem Kopf nicken? Unmündiger kann eine öffentliche Person kaum wirken. Der Versuch der Einflussnahme beginnt somit auf mehreren Ebenen: vor, während und nach öffentlichen Auftritten. Luxemburg ist da keine Ausnahme.