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Trauriges Jubiläum

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Nepal und der Mount Everest

Auch ein Jahr nach den verheerenden Erdbeben ist in Nepal nichts, wie es einmal war. Am 25. April 2015 hatte der Boden im Himalaya-Staat gewackelt und 9.000 Menschenleben gefordert. Vier Millionen Menschen wohnen noch heute in Notunterkünften. Es fehlt an Nahrung, Wasser, an einer adäquaten medizinischen Versorgung und an Schulen. Von den zugesagten 3,5 Milliarden Euro Hilfsgelder der internationalen Staatengemeinschaft ist bis jetzt wenig bei den Opfern angekommen.

Das traurige Jubiläum fällt in die Zeit des Saisonauftakts am Mount Everest. Der Bergtourismus ist ein wesentliches Standbein der Wirtschaft der Region, befindet sich aber nicht erst seit dem Erdbeben in schweren Turbulenzen. 2012 kam es in der sogenannten Todeszone zum Drama, weil zu viele Bergsteiger auf einmal das Dach der Welt erklimmen wollten. 2013 lieferten sich Sherpas und professionelle Bergsteiger üble Prügeleien. 2014, nachdem eine Lawine 16 Sherpas getötet hatte, und 2015 nach dem Erdbeben fiel die Saison ganz aus.

„Der Gipfel aller Gipfel am Tiefpunkt“, titelte unlängst die Frankfurter Allgemeine Zeitung. In der Tat sind 2016 lediglich 280 Lizenzen zur Gipfelstürmung verkauft worden. Ca. 10.000 Euro müssen die Bergsteiger an die nepalesische Regierung zahlen, um auf den Everest zu dürfen. Zwischen 350 und 500 Lizenzen wurden in der Regel Anfang des Jahrzehnts ausgestellt, was mitunter zu viel war und für lebensgefährliche Staus am Gipfel sorgte.

Während der Bergsteiger früher „lediglich“ sein eigenes Spiel aufs Leben setzte, kann er nun andere gefährden, wenn er aus welchen Gründen auch immer den Betrieb am Everest aufhält. Die Qualifikation eines Bergsteigers wird von den Behörden kaum überprüft.

Während es früher um Dinge wie Selbsterfahrung, Überwindung und Herausforderung ging, wollen die Menschen heute „Instant“-Erlebnisse, wie der deutsche Extrembergsteiger Ralf Dujmovits es nennt. Das Ziel muss möglichst schnell erreicht werden, auf Erfahrung und Aufbau wird weniger Wert gelegt. Und so besteigen Menschen den Everest, die nicht gut genug darauf vorbereitet sind. Und bringen sich und andere damit in Gefahr.

In Anbetracht dieser Auswüchse und des andauernden Müllproblems auf dem höchsten Berg der Welt ist der Rückgang der Everest-Touristen eine gute Nachricht, für die arg gebeutelten Nepalesen allerdings eine Katastrophe. Denn sie sind von den Tourismus-Einnahmen abhängig.

Also sprechen viele von einem entscheidenden Jahr am Mount Everest. Was dann vielleicht doch etwas übertrieben ist, denn die Faszination Everest dürfte ewig sein: Auf dem höchsten Punkt der Erde zu stehen, das wird auch in Zukunft eine magische Anziehungskraft auf die Menschen ausüben. Zumal man aus einer Besteigung durchaus Kapital schlagen kann.