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Personalbeschaffung der Generation Tinder

Personalbeschaffung der Generation Tinder
(Faussems)

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Ein Start-up aus Luxemburg will die Welt der Bewerbungsschreiben fit für das digitale Zeitalter machen.

Viele erfolgreiche Unternehmen sind in zweckentfremdeten Garagen entstanden. Das Start-up Skeeled, das vorhat, den Bewerbungsmarkt zu revolutionieren, könnte bald zu diesen gehören. In diesem Fall handelt es sich aber nicht um eine Garage, sondern um einen Raum im Untergeschoss des Elternhauses, das als Firmenzentrale der Gründungsphase diente.

Als er die Idee hatte, sich als Unternehmer zu versuchen, befand sich Mike Reiffers aber nicht im Elternhaus, sondern in der Eada Business School in Barcelona. Er suchte, zusammen mit seinem Kommilitonen und späterem Geschäftspartner Nicolas Speeckaert, einen Geschäftsplan für die Studiums-Abschlussarbeit.

Erste Blicke auf Jobs

„Wir hatten auch schon erste Blicke auf den Arbeitsmarkt geworfen und stellten fest, wie komplex dieser ist“, so Mike Reiffers gegenüber dem Tageblatt. Besonders problematisch fand er, dass innerhalb von Sekunden über das zukünftige Arbeitsleben eines Menschen entschieden wird. „Ich war fassungslos, zu sehen, dass Menschen nur aufgrund eines bedruckten Blattes Papier beurteilt werden.“

Das Bewerbungsschreiben sei zeitgleich mit dem Fernsehapparat erfunden worden, fuhr er fort. Diese hätten aber eine größere Entwicklung durchlaufen als das „Curriculum Vitae“. Die beiden Studenten sahen sich in der Folge die Welt der CVs genauer an und fanden darin ein Thema für die Abschlussarbeit und auch eine Idee für die Gründung der eigenen Firma.

Bewerbungsmarathon

Wenn das Uni-Diplom erst mal in der Tasche ist, wird sich massenhaft beworben. „Die Leute verschicken hunderte Lebensläufe in der Hoffnung, eine Arbeit zu finden“, so Mike Reiffers. Eine logische Konsequenz sei, dass sich dann die Bewerbungen auf den Tischen der Personalchefs stapeln würden. Man könne doch eine Software entwickeln, um den Bewerbungsmarkt besser und effizienter zu gestalten.

Die Idee für die Gründung von Skeeled war gefunden. Die Software schaltet sich zwischen die Bewerber und das Unternehmen und automatisiert den Prozess der Anwerbung. „Wenn der Arbeitssuchende auf ‹Bewerben› klickt, geht es los“, so der Erfinder. „Dann ist er im Skeeled-Prozess.“ Zuerst trägt der Arbeitssuchende alle Daten zu seiner Ausbildung, Erfahrung und Fähigkeiten ins Formular ein. „Ein perfektes CV hilft aber wenig, wenn der Bewerber so gar nicht zum Unternehmen passt.“ Manchmal sei die Persönlichkeit des zukünftigen Arbeitnehmers wichtiger als seine Qualifikationen.

„Es geht um die Person“

Was die Software einzigartig macht, ist der Persönlichkeitstest, den jeder Bewerber ausfüllen muss. „Da geht es um die Person“, so Mike Reiffers. „Bisher konnten sich die Anwerber erst ein Bild von dem Menschen hinter der Bewerbung machen, wenn er im Interview vor ihm stand.“ Doch bis zum Interview würden es die wenigsten schaffen.
„Nun kann er die Persönlichkeit schon vorher einschätzen“, so Reiffers. Die Fragen des Tests steuert eine US-Firma bei; „wir sind keine Psychologen“, sagt er. Es ginge auch darum, zu vermeiden, dass „Personen eingestellt werden, die auf lange Sicht nicht zum Unternehmen passen.“

Die digitale Bewerbung wird aber erst durch das Video vollständig. Die Personalabteilung kann, im Voraus, bis zu fünf Fragen definieren, die die Bewerber vor ihrer Webcam beantworten sollen. „Nicht live“, so Reiffers. „Die Verantwortlichen können sich so alle Daten der Interessenten in Ruhe anschauen.“ Am Ende des Skeeled-Prozesses bekommt der Zuständige der Personalabteilung alle relevanten Daten zu den Bewerbern wie auf einem silbernen Tablett serviert. „Er stellt das Jobangebot online, wir kümmern uns um den Rest“, so der junge Unternehmer. „So wird das Leben der Recruiter leichter gemacht, er spart Zeit und Geld.“

Jedem Bewerber wird eine Zahl zugeordnet. „Wir analysieren die Bewerber und machen das Matching. So können wir sagen: Person A passt zu 80 Prozent zum Unternehmen. Wenn sich 500 Leute für eine Stelle bewerben, sieht die Personalabteilung sofort, wer am besten für den Posten geeignet ist. Bei Skeeled ginge es nicht darum, dass eine Maschine entscheidet, wer Arbeit findet und wer nicht. „Am Ende ist es immer noch ein Mensch aus Fleisch und Blut, der die Entscheidung trifft“, so Reiffers. „Mit unserer Software kann er eine bessere Entscheidung treffen.“
„Das Projekt ist jetzt ein Jahr alt“, so Reiffers. „Mittlerweile sind wir bereit, um in den Markt einzutreten.“ Interessenten gibt es auch schon.

„Die Firmen sind begeistert.“

Drei große Unternehmen in Luxemburg hätten schon Interesse gezeigt und seien kurz davor, die Software zu kaufen.
Doch der Fokus liegt im Moment nicht nur auf Luxemburg. „Das ist ein Projekt, das international Beachtung findet.“ Auch in Brüssel unterhält Skeeled ein Büro. Der kommende Markt, der dabei ist, erobert zu werden, ist Spanien.
Die Software erleichtert das Leben der einstellenden Unternehmen, nicht das der Arbeitssuchenden. Dies ist Reiffers klar. Nachdem er den Prozess des Einstellens automatisiert hat, will er – auf lange Sicht – den des Eingestelltwerdens automatisieren. „Leute, die Arbeit suchen, laden dann ihr Profil hoch und das Programm findet den besten Arbeitsplatz für sie.“