Luxemburg wächst: dies gilt für seine Einwohner, Grenzgänger und nicht zuletzt für die vielen Studenten, die sich zum Campus in Belval bewegen. Wir haben Verkehrsminister François Bausch zu den wichtigsten Mobilitätsprojekten der nächsten 15 bis 20 Jahre befragt. Die Tram darf hierbei nicht fehlen. Aber auch die Konzepte für die Südregion und allen voran für die Uni.lu stehen im Fokus. Nicht zuletzt haben wir angesichts der jüngsten Verkehrstragödie auch über die Sicherheit auf den Straßen gesprochen.
Hier ein Auszug aus dem Interview:
Tageblatt: Die Tram ist immer noch in aller Munde. Wie laufen die Vorbereitungen?
François Bausch: Die Bauarbeiten verlaufen bislang exzellent. Das Timing stimmt. Ich gehe davon aus, dass wir nächstes Jahr um diese Zeit bereits Testfahrten auf Kirchberg durchführen. Dann sehen die Leute die Tram bereits fahren.
Ich gehe fest davon aus, dass unser Timing funktioniert: Wir können Ende 2017 den ersten Abschnitt der Tramstrecke für die Bevölkerung öffnen. Das zählt mit Sicherheit für die Strecke bis zum Glacis. Wenn aber weiterhin alles so gut läuft wie jetzt, schaffen wir es sogar vielleicht bis zur place de l’Etoile.
Eines der Hauptargumente für die Tram ist der wirtschaftlichen Entwicklung Luxemburgs Rechnung zu tragen und die Grenzgänger zu berücksichtigen. Was würde passieren, wenn die Tram nicht eingeführt wird?
Jeder, der sich zu Spitzenstunden in der Innenstadt aufhält, sieht, dass wir einen Busstau haben. Der Verkehr steht in Luxemburg-Stadt still. Die Busse tragen daran ihre Mitschuld. Das liegt am Hauptstrang, an dem sich alle Arbeitsplätze befinden. Alle Busse müssen ihn durchqueren. Wir haben aber noch keinen Hochkapazitätstransport wie die Tram. Sobald sie fährt, werden diese Busse alle aus dem Verkehr gezogen. Dann bleiben nur noch die städtischen Busse.
Das ist eine enorme Entlastung des innerstädtischen Straßennetzes. Man muss sich dessen bewusst sein: Das städtische Busnetzwerk hat die Grenzen seiner Kapazitäten vollständig erreicht. Es hat sie sogar überschritten. Denken Sie nur an die Strecke zwischen Kirchberg und Ban de Gasperich. Die Tram kann bis zu 110.000 Passagiere pro Tag transportieren. Das kriegen wir mit Bussen nie hin.
(…)
Was halten Sie vom alten Totschlagargument, die Tram werde während der Stoßzeiten vor 09.00 Uhr und nach 16.00 Uhr voll sein, dazwischen jedoch kaum benutzt werden?
Ich bin davon überzeugt, dass die Tram auch im normalen Tagesablauf nicht leer sein wird. Mittlerweile gibt es sehr viel innerstädtischen Verkehr. Früher war die Stadt Luxemburg der Bahnhof und die Oberstadt. Die Stadt hat sich aber mittlerweile polyzentrisch entwickelt: Sie haben Kirchberg, die Oberstadt, das Bahnhofsviertel, Ban de Gasperich, Howald, Findel usw. Durch die Tram wird es zu einem späteren Zeitpunkt viel einfacher sein, sich zwischen diesen ökonomischen Zentren zu bewegen. Deshalb wird die Tram sicherlich auch am Tag genutzt werden.
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Viele Bürger in Luxemburg-Stadt sind dennoch unzufrieden. Vor allem die Geschäftsleute empören sich wegen der Bauarbeiten.
Ja, aber ich muss sagen, dass sich die Geschäftsleute mit Sicherheit nicht auf die Tram fokussieren müssen. 90 Prozent der Baustellen in Luxemburg-Stadt haben nichts mit der Tram zu tun. Es geht vor allem um Gas- sowie Stromleitungen und die Wasserversorgung. Ich habe Verständnis für die Geschäftsleute, dass sie sich nicht über die zahlreichen Baustellen freuen.
Aber die Tram-Baustelle hat den Stadtkern bislang nicht beeinflusst. Nichts tun, kann nicht die Lösung sein. Wenn sich Kirchberg und Ban de Gasperich erst einmal entwickelt haben und nicht benutzerfreundlich mit dem Rest des Stadtkerns verbunden sind, sage ich ihnen: Dann gehen diese Versäumnisse auf Kosten der Geschäftsleute in Luxemburg-Stadt. Wir versuchen deshalb in ihrem Interesse einiges zu verändern. Es gibt schwierige Phasen wie die aktuelle. Wir versuchen alles, um den Geschäftsleuten zu helfen, um diese Phase zu überstehen.
(…)
Viele Studenten der Universität Luxemburg auf Belval beklagen, dass das Mobilitätskonzept noch nicht genügend ihren Bedürfnissen entspricht. Wie reagieren Sie auf ihre Forderungen?
Ein Teil ist bereits umgesetzt, aber noch nicht alles. Wir stehen im Dialog mit der Universität, um zu sehen, wie sich das Ganze entwickelt. Wir halten die Bedürfnisse genau im Auge und nehmen sie ernst. Wir haben viele Buslinien eingesetzt. In der Grenzregion fahren viele die Uni direkt an.
Der Bahnhof auf Belval ist hervorragend und wurde extra für die Uni gebaut. Der BHNS soll in Zukunft auch die Universität abdecken. Wir versuchen auch, die Mobilität innerorts durch die „mobilité douce“ wie Fahrradkonzepte für die Studenten zu verbessern. Car-Sharing-Ideen kommen hinzu. Wir arbeiten daran. Eins ist klar: möglichst viele Studenten müssen sich ohne Wagen zur Uni bewegen können.
Lesen Sie das vollständige Interview in der Print-Ausgabe des Tageblatt (07.05.2016)
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