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Massiver Protest aus der Türkei: Erdogan motzt

Massiver Protest aus der Türkei: Erdogan motzt
(dapd/Sedat Suna)

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Mit massivem Protest hat die Türkei auf die Einstufung des Bundestags der Massaker an den Armeniern als Völkermord reagiert.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan drohte, die am Donnerstag verabschiedete Resolution werde «ernste» Folgen für die deutsch-türkischen Beziehungen haben. Die Regierung in Ankara rief umgehend den türkischen Botschafter aus Berlin zurück und bestellte den deutschen Vertreter in Ankara ein.

Alle Fraktionen im Deutschen Bundestag stimmten nahezu geschlossen für eine Resolution, in der die Tötung von bis zu 1,5 Millionen Armeniern sowie Aramäern und Angehörigen weiterer christlicher Minderheiten vor rund hundert Jahren im Osmanischen Reich als Völkermord bezeichnet wird. Das lehnt Ankara vehement ab.

Nur eine Gegenstimme

Es gab nur eine Gegenstimme sowie eine Enthaltung. Die Leipziger CDU-Politikerin Bettina Kudla begründete ihr Nein-Votum damit, dass sie es nicht für die Aufgabe des Bundestags halte, historische Bewertungen von Ereignissen in anderen Staaten vorzunehmen. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) argumentierte dagegen, das deutsche Parlament wolle «unbequemen Fragen und Antworten nicht aus dem Weg gehen», vor allem, wenn das damalige Deutsche Reich Mitschuld auf sich geladen habe.

Das Deutsche Reich war im Ersten Weltkrieg Verbündeter des Osmanischen Reichs, verhinderte die Massaker jedoch nicht. In der rund einstündigen Debatte hoben mehrere Redner hervor, dass die Resolution keine Verurteilung sein solle. «Uns geht es nicht darum, die Türkei an den Pranger zu stellen», sagte Unionsfraktionsvize Franz Josef Jung (CDU).

«Keine Anklageschrift»

«Das ist keine Anklageschrift, sondern das ist eine Verneigung vor den Opfern», hob auch der SPD-Abgeordnete Dietmar Nietan hervor. Die Kritik der Türkei an dem Beschluss kam jedoch umgehend. Das Votum werde «ernste» Folgen für die Beziehungen zwischen beiden Ländern haben, sagte Präsident Erdogan während eines Besuches in Kenia. Die Türkei rief zudem ihren Botschafter aus Berlin zurück.

Außerdem bestellte die Regierung in Ankara den Geschäftsträger der deutschen Botschaft, Robert Dölger, für ein Gespräch ins türkische Außenamt ein. Der deutsche Botschafter Martin Erdmann hält sich derzeit nicht in der türkischen Hauptstadt auf. Angesichts der Verärgerung in Ankara bemühten sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) um Deeskalation. Beide betonten die engen Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei und hoben hervor, dass rund drei Millionen Menschen türkischer Abstammung in Deutschland lebten.

«Wertvoller Beitrag»

Steinmeier nannte die türkischen Proteste «erwartungsgemäß», warnte zugleich aber vor «Überreaktionen» in den nächsten Tagen und Wochen. Merkel, Steinmeier und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) waren aus Termingründen bei der Abstimmung nicht anwesend. Der Linken-Abgeordnete Gregor Gysi kritisierte ihr Fernbleiben als «nicht besonders mutig». Kritiker werfen der deutschen Bundesregierung vor, derzeit wegen des EU-Flüchtlingspakts mit der Türkei einen «Kuschelkurs» gegenüber Ankara zu fahren. Die armenische Regierung begrüßte die Bundestagsentscheidung. Damit habe Deutschland einen «wertvollen Beitrag» zur Anerkennung und Verurteilung des Genozids an den Armeniern geleistet, erklärte Außenminister Edward Nalbandian.