Eigentlich sollte Minella gar nicht in Bol (Kroatien) antreten, sondern beim ITF-Turnier in Marseille (Frankreich), wo die Luxemburgerin parallel gemeldet war. Dort hätte sie sicher im Hauptfeld gestanden, im Vergleich zu Kroatien, wo noch einige Positionen zur Hauptfeldteilnahme fehlten. Doch dann kam alles ganz anders: «Am Sonntag Nachmittag fragte dann die WTA (Women’s Tennis Association, d. Red.), ob Mandy bis zur letzten Frist auf der Liste in Kroatien bleiben möchte. Mandy war in diesem Moment noch der Meinung nicht die Strafe von 600 Dollar in Marseille zu zahlen, falls sie kurzfristig abmeldet, um nach Bol zu fliegen. Zusätzlich hatte sie Flüge und Hotel bereits gebucht. Ich wusste aber auch, dass sie bisher nie erfolgreich in Marseille gespielt hat und somit nicht viel Positives mit dem Turnier verbindet. Wir entschieden uns gemeinsam das finanzielle Risiko einzugehen und bekamen gegen 16:00 Uhr Bescheid, dass sie durch Absagen von Spielerinnen in Roland Garros letzte direkte Annahme für das Hauptfeld in Kroatien ist. Somit meldete sie das Turnier in Marseille ab, stornierte das Hotel und ließ die Flüge verfallen.»
Wo sitzt der Coach?
«Der Trainer bekommt meist einen Platz zugewiesen. Wenn ich die Wahl habe, setze ich mich auf Grundlinienhöhe gegenüber der Spielerbänke, um den Platz gut einsehen zu können und gegebenenfalls Kontakt während dem Seitenwechsel aufzunehmen.»
«Urteilen und abstempeln»
Im Tageblatt-Interview (siehe Print- und E-Paper-Ausgabe vom Montag) sprach Minella ihrer Familie und Coach und Ehemann Tim Sommer besonderen Dank aus: «Tim hat am meisten abgekriegt. Er ist immer positiv geblieben und hat nach Lösungen gesucht. Und ich habe ihm zugehört. Meine Familie und Tim sind mein Halt. Sie zeigen mir, dass es noch andere Sachen gibt als nur Tennis. »
Für Sommer ist «es nett, wenn sie es so formuliert. Am Ende des Tages ist es aber sicher sie, die den meisten Druck aushalten muss, die ihren Erwartungen gerecht werden muss, die sich den Erwartungen anderer stellen muss und immer wieder mit unsachlichen und unqualifizierten Kritikern auseinanderzusetzen hat.»
Sommer hat an der Sporthochschule Köln Sportwissenschaften studiert und arbeitet seit vielen Jahren im Profi-Damentennis. Auf die Frage, wie schwierig es sei, immer positiv zu bleiben, antwortet der Deutsche folgendermaßen: «Ich vermute, meine Arbeit auf der Tour seit gut zehn Jahren hat dazu geführt, dass ich mir über diese Dinge sehr bewusst bin und neben einer hohen Anforderung im Bezug auf Trainingsarbeit und Disziplin extrem viel Verständnis für die schweren Seiten an diesem Beruf entwickelt habe. Medien und der ungebildete Sportfan sind gerne sehr schnell im urteilen und abstempeln ohne selber auch nur eine Hauch von dem in Sich zu haben was eine Anne Kremer, eine Claudine Schaul, ein Gilles Muller und auch eine Mandy Minella in sich haben, wenn es in einen Wettkampf und an die tägliche Trainingsarbeit geht. Dieses Bewusstsein führt natürlich dazu das Gute in ihr, ihrem Spiel und dem was sie leistet zu sehen. Da tut man sein Möglichstes dem Sportler aufzuzeigen, was in ihm steckt.»
«Das beste Tennis ihrer Karriere»
Die Saison 2015 und 2016 gehörten nicht zu den Einfachsten des aktuell einzigen luxemburgischen Tennis-Profis. Sommer erklärt dies aus seiner Insider-Sicht: «Mandys Spiel hat definitiv innerhalb der letzten 18 Monate phasenweise stagniert. Ihr schien der letzte Biss – die letzten 15% – zu fehlen. Während den Matches war sie oft mehr mit negativen, als mit positiven Emotionen beschäftigt. Wir haben uns natürlich damit auseinandergesetzt und auch die Frage gestellt, ob das Feuer einfach langsam nachlässt. Ob sie noch genug Leidenschaft hat, um mit der Weltspitze mitzuhalten. Nach Siegen konnte man aber erkennen, wie viel es ihr noch gibt Matches zu gewinnen und einfach besser zu sein als ihre Gegnerinnen. Im Fed Cup hat sie mit dem Team sehr starke Erfolge gefeiert. Vor allem im Training im Frühjahr diesen Jahres fand ich sie spielerisch unglaublich gut. Ihr Spiel nach vorne war sehr beeindruckend und in den Trainingsmatches auf den Turnieren hat sie Spielerinnen auf jedem Rankingniveau geschlagen. In meinen Augen spielt sie momentan mit das beste Tennis ihrer Karriere. Einige schwere Auslosungen führten aber wieder dazu, dass die nötigen Siege nicht eintrafen. So fand sie nicht das Selbstvertrauen, um ihr Trainingsniveau auch im Wettkampf umzusetzen. Mit dem Turnier in Bol hat sie sich ganz alleine auf die Beine gestellt und nimmt hoffentlich viel Kraft mit in die kommenden Aufgaben.»
«Blitzableiter»
Der Coach beschreibt, dass seine Nervosität «während dem Turnier eher abgenommen hat. Meine Erwartung war, dass sie ihr erstes Match gewinnen kann – die Gegnerin in der zweiten Runde dann aber momentan eine Nummer zu groß ist. Mein Bauchgefühl hat mir vor den weiteren Matches auch gesagt, dass es vermutlich nicht reicht. Als die Matches dann aber liefen hat Mandy nie so gewirkt als könne sie das Match verlieren.»
Seinen Einfluss während der Begegnungen stuft der Trainer folgendermaßen ein: «Ich denke als Trainer überschätzt man seinen Einfluss während dem Match. Oft bekommen die Spieler akustisch gar nicht mit was gesagt wird. Entscheidend ist in den kritischen Momenten positiv zu bleiben und sich darüber klar zu sein, dass nichts das während dem Match gesagt wird zu sehr auf die Goldwaage gelegt werden sollte. Die Spieler stehen auf dem Platz extrem unter Strom. Die Funktion als Blitzableiter ist bis zu einem gewissen Mass in meinen Augen Teil unseres Jobs.»
The victory jump thanks David Johansson for the nice pics.#orthomolsport #wilsontennis… https://t.co/BpwdYFe3fi
— mandy minella (@mandyminella) 5. Juni 2016
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können