Sonntag21. Dezember 2025

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Ein wenig Respekt, bitte!

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In Marseille tobte ein Kampf zwischen Engländern, Russen und Marseille-Fans.

Vielleicht hatten Letztere Lust auf Abwechslung nach dem wöchentlichen Besuch von Vater oder Bruder in der Strafvollzugsanstalt. Vielleicht streikte ihr Dealer oder es gab keine Touristen-BMWs zum Abfackeln. Die russischen Schläger waren wahrscheinlich auf Promotionstour für die kommende WM 2018.

Schuld sind wieder einmal die Engländer, das kennt man. Sie haben die brave einheimische Bevölkerung angegriffen. Dabei weiß man, Marseille hat das objektivste, fairste und kultivierteste Publikum Frankreichs, seine Einwohner sind friedfertig, weltoffen und zurückhaltend und drängen sich niemals vor, wenn es um das Verteilen von Auszeichnungen wie „Légion d’honneur“ oder lukrative Posten bei einem Bestattungsunternehmen geht. In den bunten Gassen der Stadtbezirke, die man nie in Immobilienbroschüren sieht, herrscht reger Kulturaustausch, das Rassen- und Sprachengemisch vermittelt Lebensfreude und Wissensdurst. Wer zu viel weiß, dessen Durst wird mit der Schrotflinte oder dem Vorschlaghammer gestillt. Als Ausländer wirst du hier freundlich aufgenommen, allerdings musst du dafür gewisse Spielregeln einhalten.

«Mon frère»

Wer sich nicht daran hält, setzt sich dem Vorwurf aus, die Einheimischen nicht zu respektieren. „Tu me manques de respect, mon frère“, das ist eine Androhung, die man sehr ernst nehmen sollte. Folgende Tatbestände erfüllen die Voraussetzung eines „Nicht-Respekts der Einheimischen“: man ist nicht aus Marseille, man trägt ein Fan-Shirt von PSG, man ist Engländer und hat Durst oder man fährt eine deutsche Luxuslimo, die man in einer Nebenstraße abstellt und vergisst abzuschließen.

Die Tatsache, dass man damit die einheimische Jugend, die an jenem Tag zufällig schulfrei hat, um das Vergnügen bringt, mit einem Ziegelstein das Fenster einzuschlagen, ist ein Zeichen mangelnden Respekts. Wer dagegen sein Auto verschließt, zeigt damit, dass er den Einheimischen nicht traut und sie als Diebe brandmarkt.

Manchmal genügt es, einfach anwesend zu sein oder sich als Gerichtsvollzieher erkennen zu geben. Bei den Engländern reicht einfach deren schlechter Ruf. Engländer sind Säufer, Schläger und Randalierer. Basta. In Marseille ist man froh, sich endlich wieder mit resistenteren Gegnern herumzuschlagen als mit den Weicheiern aus Paris.