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Von rostigen Gewehren und alten Kühlschränken

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Waffenschrott bei ArcelorMittal in Differdingen: Ob Kühlschränke oder rostige Gewehre - lange war dem Stahlriesen egal, wo sein Schrott herkam. Hauptsache die Qualität stimmte.

In Luxemburg ist die Zeit der Hochöfen, die aus einheimischer Minette Eisen und Stahl herstellen Geschichte. Dennoch wird in den ArcelorMittal-Werken in Differdingen und Belval Stahl hergestellt. Dies geschieht aber nicht mit energie- und emissionsintensiven Hochöfen, sondern in modernen Lichtbogenöfen, die Schrott recyceln um daraus frischen Stahl herzustellen.

Im Jahr 2014 wurden auf diese Weise 2.188.000 Tonnen Rohstahl in Luxemburg hergestellt. In Belval steht ein Elektrolichtbogenofen mit einer Kapazität von einer Million Tonnen pro Jahr, die Anlage im Werk Differdingen kann 1,3 Millionen Tonnen produzieren. Gegenüber der Rohstahlerzeugung wird bei der Elektrolichtbogentechnik ungefähr 50 Prozent Energie eingespart.

Schrott, viel Schrott

Um, auf diese Art über zwei Millionen Tonnen Stahl herzustellen braucht man Schrott, viel Schrott. Laut Pressesprecher des Stahlkochers seien dies rund 200.000 Tonnen pro Monat. Rund 200 mit Schrott vollbeladene Lastwagen steuern die beiden Werke pro Tag an, aber auch mit der Eisenbahn wird das Rohmaterial angeliefert. Die Herkunft und die Qualität dieser Schrotte kann ganz unterschiedlich sein. „Schrott ist nicht gleich Schrott“, so Pascal Moisy. „Es gibt viele Qualitätsstufen und Schrottpreise.“ So sei bei den Stahlkochern Reste aus der industriellen Produktion für die einfache Verarbeitbarkeit sehr beliebt und dementsprechend auch teuer.

Aber ArcelorMittal kann auch minderwertige Reste und Abfälle verarbeiten. Alles was in Altmetallsammlungen landet könnte seinen Weg nach Differdingen und Esch/Belval finden. „Das kann ein Stück einer Reifenkarkasse sein, oder ein alter Kühlschrank oder ein Fahrradlenker“, so Moisy. Je nachdem was der Kunde braucht kann ArcelorMital die gewünschte Qualität herstellen.

Strenge Kontrollen

Der Schrott stammt aus einem Einzugsgebiet mit einem Radius von ungefähr 300 km um die beiden Werke. „Das ist hauptsächlich Deutschland, aber auch Frankreich und Belgien“, so der Sprecher. Sein Unternehmen arbeite mit einer zweistelligen Zahl von Schrotthändlern zusammen, die dafür verantwortlich sind, dass die geforderte Qualität auch geliefert wird. Jeder Lieferung liegt ein Zertifikat bei, „wenn dieses nicht mit der Lieferung übereinstimmt, oder es andere Beanstandungen gibt schicken wir den Transport zurück zum Absender,“ so Moisy. Dies sei zwar nicht die Regel, komme aber immer wieder vor.

„Jede Lieferung wird kontrolliert“, so Moisy. „Es geht vor allem darum zu überprüfen ob die Lieferung auch das beinhaltet, was auf dem Zertifikat steht.“ Von wo der Schrott stammt ist dem Unternehmen eigentlich egal. „Uns interessiert vor allem die Qualität. Ob das vorher ein Kühlschrank, ein Auto oder gar ein Panzer war, spielt im Grunde keine Rolle.“

Keine militärischen Schrotte mehr

Trotzdem habe sich ArcelorMittal entschieden keine militärische Schrotte mehr anzunehmen. „Auf keinen Fall dürfen Hohlkörper oder Flüssigkeiten in die Öfen gelangen“, so der Sprecher. Bei einer sehr starken Erhitzung könnten diese zu Explosionen führen und die Öfen beschädigen.

Auch wenn das Unternehmen seine Bestimmungen mittlerweile geändert hat und keine militärische Schrotte mehr aufkauft kann sich der Pressesprecher an eine Lieferung entmilitarisierter Gewehre erinnern. „Die Prozedur war sehr, sehr, sehr, strikt“, so Moisy. „Die Armee begleitete den Transport bis hin zum Ofen.“

Die Trenn- und Waschanlage

Nachdem die Schrotte die Eingangskontrollen passiert haben und die Lieferung dem entspricht, was bestellt war und auch keine radioaktive Strahlung aufweist kommt das Rohmaterial in eine aufwendige Trenn- und Waschanlage. „Hier wird der Schrott von Plastik und anderen Metallen getrennt“, sagte der Pressesprecher. „Pro LKW-Ladung werden so etwa 100 kg nichteisenhaltige Stoffe aus dem Schrott entfernt. Das was schlussendlich im Ofen landet besteht zu 100 Prozent aus Stahl.“