Jenseits von Gut und Böse
Der neue Rolls Royce Dawn erhielt seinen Namen in Erinnerung an den „Silver Dawn“, den Rolls Royce Anfang der 50er Jahre herausbrachte und der mit seinem Namen die Morgendämmerung und den Anbruch besserer Zeiten verkündete. Nach den entbehrungsreichen Nachkriegsjahren in England war er ein Credo der Hoffnung mit Blick nach vorne in eine hoffnungsvollere Zukunft.
Der „Dawn“ Jahrgang 2016 vermittelt mit seinem Look und seinem Cabrio-Design die Erinnerung an die wieder aufflackernde Lebensfreude der frühen 50-er Jahre. Eigentlich vermittelt er eine ganze Menge mehr als nur diese Erinnerung. Und zwar vermittelt er nicht nur den Anspruch auf den vollkommenen Luxus im Automobil, er ist ganz einfach Luxus und unverwechselbares Fahrerlebnis und vereinigt in sich alle Feinheiten, welche diesen Anspruch auf Perfektion in puncto Fahr- und Komfortverhalten mit unbeirrbarem Selbstverständnis auf die Strasse bringen.
Der Dawn ist der sinnlichste Rolls-Royce, der jemals gebaut wurde, meint das Werk und wir sehen aber auch nicht den geringsten Anlass dafür, diese Behauptung zu widerlegen.
Der Dawn ist ein Cabrio (das Soft-Top schliesst und öffnet sich in 22 Sekunden, bis zu 50 km/h) mit vier Sitzplätzen in einem Interieur, das im Design begeistert und in der Ausführung und Qualität nicht die geringste Abweichung von den hauseigenen Normen der Perfektion toleriert. Diese Vorgabe setzt sich unter der Haube fort.
12 Zylinder und eine Menge PS
Ein 6,6 Liter 12-Zylinder mit Doppelturbo und einer Leistung von 570 PS und einem Drehmoment von 780 Nm ab 1500 Umdrehungen verleiht dem 5,28 m langen Dawn den notwendigen Schub, je nach Gemütslage samtweich oder etwas kräftiger zupackend, niemals aufdringlich oder laut, aber mit jener angeborenen Autorität, mit der ein englischer Aristokrat seinen Butler auffordert, das Gewehr zu holen, weil er gerade den Liebhaber seiner werten Gemahlin im Garten erblickt hat. Der Dawn läuft 250 km/h Spitze und er schafft die null auf hundert in 4,9 Sekunden, und das mit 2560 kg Leergewicht. Mit einer Höhe von 1,5 m ist der Dawn übrigens der niedrigste jemals gebaute Rolls, mit 1,95 m Breite und seinen weit nach vorne öffnenden Türen sollte man sich beim Parken in Tiefgaragen vorsehen. Bei geschlossenem Verdeck bietet er eine Oase der Ruhe im Innenraum die von keinem lästigen Nebengeräusch getrübt wird. Kein Gerücht: man kann sich vor die Motorhaube stellen und wird selbst den Motor im Leerlauf nicht hören, wie wir eigens feststellen konnten.
Wie komme ich an einen Rolls-Royce ?
Im Lotto gewinnen und sich dann einen kaufen? Das wäre vulgär und der Marke unwürdig. Oder die Tochter/den Sohn eines britischen Grafen (Vorsicht vor verarmten Geschlechten), indischen Maharadschas oder eines kolumbianischen Grossgrundbesitzers (der meist auch eine kleine Armee hat und viele gepanzerte SUVs) heiraten ? Oder Villa und Anwesen eines Rockstars kaufen, weil hier nicht selten ein Rolls im Pool parkt, den ein zugedröhnter Star dort versehentlich hinein gefahren hat.
Am einfachsten : man wird eingeladen zu einer Probefahrt. Dann die Tür gross aufmachen, sich hinstellen und die Augen schliessen. Dann wacht man auf und sitzt hinter dem Lenkrad. Das Öffnen und Schliessen der Tür geschieht elektrisch per Knopfdruck, bei Rolls Royce ist man der Meinung, dass seine Kunden mit dem Erwerb dieses Auto schon genug geleistet haben und sich ab jetzt verwöhnen lassen sollten.
Wie fahre ich einen Rolls-Royce?
Ich schalte den Automatikhebel auf „D“, streichle das Lenkrad und berühre mit meinem rechten Fuss sachte und respektvoll den Power-Induktor, im allgemeinen Sprachgebrauch auch „Gaspedal“ genannt, obwohl man bei Rolls Royce diesen Ausdruck niemals in den Mund nehmen würde. Der Motor nimmt diesen dezenten Hinweis als höfliche Aufforderung zum Vorwärtsbetrieb an und beginnt mit britischer Gelassenheit, einen Teil seiner Energie, die da geräusch- und emotionslos unter der Haube ihr Wesen treibt, sanft über das Getriebe und die Kardanwelle unaufdringlich an die Hinterräder weiter zu empfehlen.
Man merkt alsbald erstaunt, dass man sich in einer sanften, lautlosen und erhabenen Vorwärtsbewegung befindet, denn plötzlich bewegen sich die Häuser, Wälder, Schilder und Wegränder entlang des Rolls mit einer Anmut und Eleganz, dass man meint, der Schwerkraft entbunden worden zu sein und nur deswegen hier unter verweilt, weil es so unvergleichlich aufregend ist, mit einer Luxus-Suite oder einer Motoryacht zentimetergenau in eine Kurve hinein zu rollen und letztere ebenso souverän und leichtfüssig zu verlassen.
Was mache ich ohne einen Rolls-Royce? Ich fahre normale Autos, die einen besser, sportlicher, komfortabler oder stärker als andere, und rede mir ein, dass es ein Privileg ist, keinen Rolls zu haben, weil man so auch nicht in Versuchung kommt, sich an diese Art der Fortbewegung zu gewöhnen.
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