Als ihr Kindheitstraum vom Wimbledon-Sieg beendet war, konnte Angelique Kerber auch mit dem kleinen Silberteller Als ihr Kindheitstraum vom Wimbledon-Sieg beendet war, konnte Angelique Kerber auch mit dem kleinen Silberteller in der Hand wieder lächeln. Die Pose der Siegerin und die Jubelbilder auf dem Balkon musste Deutschlands neuer Tennis-Liebling Serena Williams überlassen. Trotz einer herausragenden Leistung verpasste Kerber am Samstag ihren Premieren-Titel beim berühmtesten Turnier der Welt. Nach einem furchtlosen Auftritt blieb eine erneute Überraschung gegen die Titelverteidigerin und Weltranglisten-Erste knapp aus. Steffi Graf bleibt vorerst die letzte deutsche Wimbledonsiegerin.
«Es ist ein großartiges Gefühl, hier zu spielen», sagte Kerber und war zu Tränen gerührt, nachdem sie ihre Rivalin am Netz lange umarmt hatte. «Du hast es dir wirklich verdient. Wir haben ein großartiges Match gespielt.» Die 28 Jahre alte Kielerin musste sich nach 81 höchst unterhaltsamen und teilweise mitreißenden Minuten mit 5:7, 3:6 geschlagen geben und konnte den Coup von ihrem Australian-Open-Sieg vor rund fünf Monaten gegen die 34 Jahre alte Amerikanerin nicht wiederholen.
Serena Williams fügte ihrer imposanten Karriere damit ein weiteres schillerndes Kapitel hinzu. Mit ihrem siebten Wimbledon-Triumph verteidigte sie nicht nur ihren Erfolg aus dem Vorjahr, sondern holte auch ihren 22. Grand-Slam-Titel. Damit stellte Williams die Bestmarke von Steffi Graf aus der Profizeit ein, der sie schon seit dem vergangenen Jahr hinterhergerannt ist. Rücklings ließ sie sich nach dem Matchball auf den Rasen fallen. «Nummer 22, das ist fantastisch», sagte Serena Williams und lobte Kerber: «Sie ist eine großartige Gegnerin. Sie holt immer das beste Tennis aus mir heraus.»
In ihrem zweiten Grand-Slam-Finale lieferte Kerber ein starkes Match ab, am Ende war die Präzision und Power von Williams einen Tick zu gut. Die 1,73 Meter große Linkshänderin war die erste Deutsche am Finaltag auf dem berühmten Rasen seit Sabine Lisicki 2013. Trotz der bitteren Niederlage hat sie bewiesen, dass ihr Melbourne-Triumph kein Zufall war. Auch wenn es nicht geklappt hat, sich als erste Deutsche seit Graf 1996 in der ruhmreichen Siegerliste zu verewigen.
Am Ende blieb einem Turnier, in dem sie sich selbstbewusst und entschlossen präsentierte, in dem sie beeindruckend spielte, nur die Krönung im finalen Akt versagt. Auf der anderen Seite des Netzes stand aber auch die Spielerin, die das Damen-Tennis seit Jahren dominiert. Mit dem ersten Matchball kürte sich Williams einmal mehr zum Champion.
Vor drei Jahren stand Sabine Lisicki zuletzt an Kerbers Stelle und hielt der historischen Last gegen die Französin Marion Bartoli nicht stand. Anders als Lisicki trat Kerber nicht als Favoritin an, hatte aber schon gezeigt, dass sie die Weltranglisten-Erste mit ihrem unbändigem Willen und ihrem laufintensiven Stil überrumpeln kann. «Sie war furchtlos», erinnerte sich Williams an Australien zurück.
Vor den Augen von früheren großen Damen des Tennissports wie Martina Navratilova, Martina Hingis und Billie Jean King gewann Kerber auf dem nicht mehr ganz so grünen Rasen gleich den ersten Punkt, musste dann aber ihrer Rivalin das erste Spiel überlassen. Doch auch die Kielerin kämpfte sich durch ihr Aufschlagspiel und setzte ein erstes Achtungszeichen. «Auf den Anfang wird es ankommen», sagte Bundestrainerin Barbara Rittner unmittelbar vor dem Spiel bei Sky.
Tobendes Publikum, nervöse Williams
Kerber rackerte, ließ das Publikum toben und schaffte es, die jüngere Schwester ihrer Halbfinalgegnerin Venus Williams nicht gleich davonziehen zu lassen. Auch Williams wirkte nervös. Die Amerikanerin kam mit ihrem schnellem Aufschlag aber immer wieder zu einfachen Punkten, gerade dann, wenn sie wie bei 5:5 (15:30) unter Druck geriet. Von der Grundlinie spielte Kerber ebenbürtig. Im ungünstigsten Moment kassierte sie dann ihren ersten Aufschlagverlust und musste den ersten Satz im Turnier abgeben.
Kerber agierte am wichtigsten Tag ihres Wimbledon-Wegs auch im zweiten Abschnitt fast fehlerfrei. Beim Stand von 3:3 hatte sie ihre erste Breakchance überhaupt in dem Match, doch Williams konterte mit einem Ass und nutzte ihrerseits die Breakchance zum 5:3 gnadenlos.
Vor 20 Jahren hatte Steffi Graf auf diesem Platz im Endspiel die Spanierin Arantxa Sanchez Vicario besiegt – Kerber musste jetzt die Klasse und Souveränität ihrer Kontrahentin an dem Tag anerkennen.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können