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Das System steht kopf

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Das Spiel der Zentralbanken mit den Zinsen

Wer Schulden macht, der muss Zinsen zahlen. Das war einmal. Auf Schuldscheinen in einem Volumen von über 8.000 Milliarden Dollar werden heute negative Zinsen gezahlt. Das bedeutet, dass der Geldgeber weniger zurückerhalten wird, als er ursprünglich verliehen hatte.

Dennoch sind immer mehr Geldgeber zu diesem Schritt bereit. Hintergrund ist die Politik der Zentralbanken. Auf Staatsanleihen und bei gewissen Unternehmensschuldscheinen drückt die Europäische Zentralbank die Preise – einfach indem sie monatlich für 80 Milliarden Euro solche Papiere kauft. Zudem zwingt sie die Banken der Eurozone, Strafzinsen zu zahlen, falls diese Geld bei der EZB parken. Ziel dieser eher ungewöhnlichen Maßnahme ist es, Europas Wirtschaft wieder anzukurbeln. Kredite für Investitionen sollen günstig sein und die Banken sollen ihre Gelder der realen Wirtschaft zur Verfügung stellen.

Preisverzerrungen sorgen für Unruhe

Doch die Politik funktioniert nicht. An den Märkten sorgen Preisverzerrungen durch die künstlichen Käufe für Unruhe. Dabei ist Unsicherheit Gift für Firmeninvestitionen. Banken, die noch mit den Umsetzungen der neuen Regelwerke beschäftigt sind, sehen ihre Kosten durch die Strafzinsen weiter steigen. Mittlerweile geben viele die Strafzinsen an ihre institutionellen Kunden weiter. Auch in Luxemburg müssen Firmen und Institutionen derzeit im Schnitt 0,21 Prozent Zinsen auf ihre Sparguthaben zahlen. Ob das den Optimismus in der Wirtschaft ankurbelt?

Die Märkte reagieren kurzfristig immer positiv auf Gelddrucken, weil sie hoffen, dass die Exporte wegen der billigeren Währung steigen. Der Effekt hält jedoch nur kurz an, da andere Länder die gleiche Strategie (Abwertung der Währung) verfolgen. Einige Analysten befürchten bereits einen globalen Währungskrieg.

Nutznießer dieser Geldpolitik ist jeder, der Schulden hat – allen voran die Mitgliedstaaten der Eurozone. Leider haben sie die aktuelle Zeit der günstigen Zinsen kaum zum Schuldenabbau genutzt. Letztes Jahr lag der öffentliche Schuldenstand im Euroraum bei 90,7 Prozent – nach 91,1 Prozent zwei Jahre zuvor. Das lässt nur wenig Spielraum für neue Konjunkturprogramme, wenn die nächste Krise kommt. Etwa in Italien.

Dabei ist auch bereits klar, dass das Schwierigste an diesen ungewöhnlichen Maßnahmen der Ausstieg sein wird. In den USA wird er seit einigen Monaten mit mäßigem Erfolg versucht. Japan, der Vorreiter dieser expansiven Geldpolitik, scheint in einer Endlosschleife gefangen. Seit Jahren pumpt die Zentralbank Milliarden in die Wirtschaft – und das Einzige, was steigt, sind die Staatsschulden. Sie liegen mittlerweile bei fast 250 Prozent der Wirtschaftsleistung – viel höher als sie in Griechenland jemals waren.

Das Vertrauen ist bereits geschwächt

Sich nun aber Sorgen um Minus-Zinsen auf Sparguthaben von „normalen“ Privatleuten zu machen, wäre wohl übertrieben. Bereits die gemäßigten Strafzinsen von minus 0,4 Prozent zeigen Nebenwirkungen. Und Privatleute, die für ihr Gespartes Strafzinsen zahlen müssten, könnten ihre Konten einfach schließen. Eine Bankenkrise könnte folgen. Das weiß auch die EZB. Und unnötige Risiken will sie hoffentlich nicht eingehen.

Dennoch wird sie weiter für schneller steigende Preise kämpfen. Das hat sie der Welt versprochen. Sie wird aber neue Wege finden müssen. In Japan wird bereits über Helikopter-Geld (Gratis-Geld für jeden) diskutiert.

Ob Währungsgebiete, die so etwas tun, aber weiterhin als seriöse und vertrauenswürdige Währungen angesehen werden, darf bezweifelt werden. Dabei ist „Vertrauen“ das wichtigste Element der heutigen Währungen. Und das Vertrauen ist bereits geschwächt. Der Preis für Gold ist in diesem Jahr bereits um fast 30 Prozent gestiegen. Hier gibt es zwar keine Zinsen – aber auch keine Strafzinsen.