Montag22. Dezember 2025

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Die Türkei verhängt den Ausnahmezustand

Die Türkei verhängt den Ausnahmezustand
(Reuters/Handout)

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Laut Verfassung können Grundrechte eingeschränkt oder ausgesetzt werden, Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan kann nun weitgehend per Dekret regieren.

Die Türkei im Aufruhr: Erst ein Putschversuch aus den Reihen des Militärs, dann folgen «Säuberungen» mit massenhaft Festnahmen und Suspendierungen. Nun verhängt Präsident Erdogan auch noch den Ausnahmezustand im Land.

Eine Auswahl von Maßnahmen, die das Kabinett unter Erdogan nach dem Gesetz zum Ausnahmezustand beschließen kann, aber nicht beschließen muss:

– Ausgangssperren können verhängt werden.

– Der Fahrzeugverkehr kann zu bestimmten Zeiten oder in bestimmten Gegenden verboten werden.

– Versammlungen und Demonstrationen können verboten werden – sowohl unter freiem Himmel als auch in geschlossenen Räumen.

– Sicherheitskräfte dürfen Personen, Fahrzeuge oder Anwesen durchsuchen und mögliche Beweismittel beschlagnahmen.

– Bestimmte Gegenden können abgeriegelt oder evakuiert werden.

– Der Verkehr zu Land, See und Luft kann kontrolliert werden.

– Druckerzeugnisse wie Zeitungen, Magazine oder Bücher können verboten oder mit der Auflage versehen werden, dass sie nur mit Genehmigung erscheinen dürfen.

– Alle Arten von Rundfunkausstrahlung und die Verbreitung von Texten, Bildern, Filmen oder Tönen können kontrolliert und nötigenfalls eingeschränkt oder ganz verboten werden.

Nach dem gescheiterten Putsch hat die türkische Führung den Ausnahmezustand im Land verhängt. Dieser gelte für drei Monate, verkündete Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan in der Nacht zum Donnerstag nach einer Sondersitzung des Nationalen Sicherheitsrates und des Kabinetts in Ankara. Unter dem Ausnahmezustand kann Erdogan weitgehend per Dekret regieren. Grundrechte wie die Versammlungs- und die Pressefreiheit können nach dem Gesetz zum Ausnahmezustand ausgesetzt oder eingeschränkt werden.

Artikel 120 der Verfassung

Erdogan begründete den Ausnahmezustand mit Artikel 120 der Verfassung. Dieser erlaubt den Schritt bei «weit verbreiteten Gewaltakten zur Zerstörung der freiheitlich-demokratischen Ordnung» oder bei einem «gravierenden Verfall der öffentlichen Ordnung». Der Beschluss muss im Amtsanzeiger veröffentlicht und ans Parlament übermittelt werden. Das Parlament kann die Dauer des Ausnahmezustands verändern, ihn aufheben oder ihn auf Bitte des Kabinetts verlängern.

Erstmals seit dem Putschversuch war am Mittwoch der Nationale Sicherheitsrat unter Erdogan zusammengekommen. Anschließend tagte das Kabinett unter dem Vorsitz des Präsidenten, um über neue Maßnahmen im Kampf gegen die Bewegung des in den USA lebenden Predigers Fethullah Gülen zu beraten. Erdogan macht Gülen für den Umsturzversuch aus den Reihen des Militärs mit mehr als 260 Toten verantwortlich.

Putschversuch

Seit dem Putschversuch geht die Regierung mit harter Hand gegen mutmaßliche Gülen-Anhänger vor. Zehntausende Staatsbedienstete wurden suspendiert, mehr als 8500 Menschen festgenommen.

Unter dem Ausnahmezustand können die Behörden beispielsweise Ausgangssperren verhängen, Versammlungen untersagen und Medien-Berichterstattung kontrollieren oder verbieten. Zuletzt war in der Türkei in den mehrheitlich kurdischen Provinzen Diyarbakir und Sirnak Ende 2002 der Ausnahmezustand aufgehoben worden, der auch nur über einzelne Provinzen verhängt werden kann.

Im Sicherheitsrat sind neben Erdogan und Ministerpräsident Binali Yildirim auch Kabinettsmitglieder und Militärführer vertreten, darunter Armeechef Hulusi Akar. Akar war von den Putschisten aus den Reihen des Militärs gefangen genommen und später befreit worden.