Offizielle Zahlen gibt es nicht, wohl aus gutem Grund, doch Verantwortliche aus der Sozialwirtschaft schätzen, dass rund ein Drittel der Menschen, die den Flüchtlingsstatus in Luxemburg erhalten, keine eigene Wohnung finden. Im Klartext heißt das, dass sie unter unwürdigen Bedingungen, manche seit über einem Jahr, in den Flüchtlingsheimen sitzen bleiben, wo sie die Hälfte ihres garantierten Mindesteinkommens für Miete und Verpflegung aufwenden.
Im Foyer müssen sich die Flüchtlinge an strenge Regeln halten. Sie können häufig keinen Besuch empfangen, haben nur begrenzt Ausgang, dürfen maximal drei Nächte die Woche auswärts schlafen und bekommen nichts mehr zu essen, wenn sie zu spät „nach Hause“ kommen. Zudem leben sie dort fast ausschließlich unter sich, was der Integration nicht unbedingt förderlich sein dürfte. Soziale Isolation, Langeweile und Perspektivlosigkeit sind die Folgen.
Mit dem „Revenu minimum garanti“ (RMG) eine eigene Wohnung zu finden, ist in Luxemburg sehr schwierig. Nicht nur für Flüchtlinge, sondern auch für Einheimische. Selbst mit Wohngeldzuschuss muss erst einmal eine passende Unterkunft gefunden werden. Die Warteliste des „Fonds du logement“ zählt rund 2.000 Haushalte und auch die 2009 gegründete „Agence immobilière sociale“ ist überfordert. Das Gleiche gilt für das erst kürzlich ins Leben gerufene „Lëtzebuerger Integratiouns- a Sozialkohäsiounszenter“ (Lisko), das Flüchtlingen bei der Suche nach einer festen Bleibe behilflich sein soll.
Umso unverständlicher ist die gesetzliche Regelung, dass RMG-Empfänger nicht bei Privatpersonen, die über ausreichend Wohnraum verfügen, einziehen dürfen, da sie ansonsten ihr Anrecht auf finanzielle Hilfe verlieren, weil die öffentliche Hand davon ausgeht, dass die beiden dann gleich eine „communauté domestique“ gründen und ihre jeweiligen Einkommen in ein gemeinsames Budget zusammenfließen. Die Gründung einer Wohngemeinschaft ist RMG-Empfängern demnach nicht gestattet, obwohl sie für Menschen mit geringem Einkommen die wahrscheinlich sinnvollste Form des Wohnens darstellt.
Für Flüchtlinge gilt seit einigen Monaten angeblich die einst für entlassene Strafgefangene eingeführte „Recueil par pitié“-Klausel, die Privatpersonen die Aufnahme von RMG-Empfängern aus Mitleid unter der Erfüllung von drei Bedingungen gestattet: Sie müssen direkt vom Foyer in den Privathaushalt ziehen, dürfen offiziell keinen Unkostenbeitrag leisten und das Wohnverhältnis darf höchstens ein Jahr dauern. Privatpersonen, die einem Flüchtling ein Einzelzimmer zur Verfügung stellen wollen, haben demnach nicht das Recht, eine kleine Beteiligung an den Unkosten für Strom oder Wasser zu verlangen. Dasselbe gilt übrigens für innovative Wohnprojekte wie die von allen Seiten hoch gelobte und vom Staat sowie der „Œuvre nationale de secours Grande-Duchesse Charlotte“ unterstütze Initiative „Cohabit’age“, die generationenübergreifendes Wohnen fördern will, indem sie junge Menschen mit geringem Einkommen an alleinstehende Senioren zu Wohnzwecken weitervermittelt. Den Foyers, von denen noch einige privat betrieben werden, erlaubt der Staat hingegen, 650 Euro pro Kopf für die Unterbringung von bis zu vier Flüchtlingen in einem engen Schlafzimmer mit zwei Hochbetten zu kassieren. Nicht zuletzt profitieren von dieser Gesetzeslage auch kommerzielle House-sharing-Plattformen, die bis zu 700 Euro Miete für mitunter kleine und schäbige Einzelzimmer einstreichen.
Sinnvolle Änderungen am RMG-Gesetz will die Regierung aber offenbar nicht vornehmen. Zwar bauen der „Fonds du logement“ und die „Société nationale des habitations à bon marché“ fleißig neue Sozialwohnungen, doch vor dem Hintergrund des prognostizierten Bevölkerungswachstums ist dies nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Und die Flüchtlinge? Wenn sie nicht eh im Mittelmeer ertrinken, sollen sie gefälligst in Südeuropa oder der Türkei bleiben. Für die, die es doch bis hierhin schaffen sollten, bauen wir halt neue Container.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können