Das Unvorhersehbare ist das, was Politik und Geschichte so interessant macht. Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt.
Hillary Clintons Schwächeanfall am Rande der 9-11-Gedenkfeiern stand gewiss nicht im Drehbuch ihrer Wahlkampfmanager. Es steht zu befürchten, dass er ihrer Kampagne schweren Schaden zufügen wird. Jetzt haben Clintons Strategen ein gewaltiges Problem an der Backe. Denn der Schwächeanfall einer Frau ist natürlich ein gefundenes Fressen für alle Machos. Die wussten es selbstredend schon immer: Der mächtigste Mann der Welt heißt nicht so, weil er ein Mädchen ist. Und spätestens durch Clintons 9-11 scheint dies unwiderruflich bewiesen.
Nun ist dies evidenterweise Blödsinn: In der Tat hat Clinton als Chefin der US-amerikanischen Diplomatie bewiesen, dass es ihr gewiss nicht an der für höchste Ämter erforderlichen Toughness mangelt. Der Job des Außenministers ist definitiv nichts für Leute, die Wert auf geregelte Arbeitszeiten und freie Wochenenden legen. Stress kann es auf der Weltbühne grundsätzlich zu jeder Minute geben. Jetlag à gogo und endloses Jaw-jaw zehren an den vitalen Reserven selbst der kräftigsten Natur. Nun kann man mit Clintons Politik einverstanden sein oder nicht – es gibt etliche Gründe, es nicht zu sein –, dass sie in dieser Funktion nicht ihre Frau gestanden hätte, kann aber beim besten Willen niemand behaupten.
Doch wie ist es in dieser Hinsicht um ihren Widersacher bestellt? Der musste sich auf höchster politischer Ebene jedenfalls noch nie beweisen. Und die Menschheit kann nur hoffen, dass er niemals die Gelegenheit dazu erhält. Als ein nicht unbedingt an Anorexie leidender älterer Herr, der zudem auf beängstigende Weise zu cholerischen Eruptionen neigt, könnte er durchaus mal eines Tages von einem kapitalen Herzkasperl gefällt werden wie die Eiche von Keil und Sägekette.
Und zwar ohne dass er tags darauf wieder im Sattel säße, wie dies Clinton zumindest zu tun versuchte.
Dessen ungeachtet wirft Clintons 9-11 ernste Probleme auf: „Die Kranken, die uns regieren“ können ihre Schwächen im Zeitalter der allgegenwärtigen Telefonkameras kaum noch verbergen. Die Paparazzi sind überall, und wenn es um Prominente geht, ist das Secret médical oft keinen Pfifferling wert. Gerade aufgrund medizinischer Datenbanken, die einem leidlich begabten Hacker mitunter offenstehen wie Scheunentore.
Und da fragt es sich, ob ein bisschen mehr Offenheit in Bezug auf die eigene Gesundheit nicht manchmal sowohl für das wählende Volk wie für den Politiker selbst von Nutzen wäre.
Die Pose des unbezwingbaren Superhelden ist eh nur lächerlich. Politiker sind Menschen, und Menschen sind halt immer mal wieder schwach.
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