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Viel mehr als ein Käfig: Michael Faradays Forschung wirkt bis heute

Viel mehr als ein Käfig: Michael Faradays Forschung wirkt bis heute

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Viele Leute kennen Michael Faraday wegen dem nach ihm benannten Käfig. Doch der Mann hatte viel mehr auf dem Kasten. Seine Entdeckungen haben die Welt nachhaltig verändert.

Wer von einem Gewitter auf freiem Feld überrascht wird, sollte möglichst in einem Auto Schutz suchen. Das lernt heute jedes Kind. Denn das Auto – sofern es aus Metall besteht – ist ein Faraday’scher Käfig, in den keine elektrischen Felder eindringen können. Im Inneren ist man sicher. Entdeckt hat das der englische Physiker und Chemiker Michael Faraday, der vor 225 Jahren in Newington bei London geboren wurde.

Faraday hatte für seine Versuche zur Elektrizität im Hörsaal der Royal Institution in London 1836 tatsächlich einen echten Käfig aus Kupferdraht gebaut, dessen Seiten jeweils zwölf Fuß lang waren, also etwa 3,66 Meter. Mit Hilfe eines Elektrometers stellte er fest, dass im Inneren auch dann keine Elektrizität zu messen war, wenn man das Käfiggitter elektrisch auflud. Der Faraday’sche Käfig ist vermutlich die bekannteste Arbeit des Forschers, bei weitem aber nicht seine bedeutendste.

Grundlage für alle elektrischen Generatoren

«Die in ihrer technischen und weltumgestaltenden Auswirkung wichtigste Entdeckung Faradays ist sicherlich die elektromagnetische Induktion», sagt der Wissenschaftshistoriker und Faraday-Experte Friedrich Steinle von der Technischen Universität Berlin. Die elektromagnetische Induktion ist bis heute die Grundlage für alle elektrischen Generatoren – vom Fahrraddynamo bis zum Atomkraftwerk. «Die Elektrifizierung wäre ohne diese Entdeckung nicht denkbar gewesen», betont Steinle.

Faraday hatte festgestellt, dass sich ein kurzzeitiger elektrischer Strom erzeugen lässt, indem ein Magnet durch eine Drahtspule bewegt wird. Er folgerte richtig, dass der Strom dauerhaft fließen würde, wenn die Bewegung dauerhaft ist. Faraday ließ daraufhin eine Kupferscheibe in einem Magnetfeld rotieren und nahm am Rand sowie in der Mitte den Strom ab – das war der erste Dynamo der Welt. Die Bedeutung dieser Entdeckung war immens. «Auf einmal wurde es möglich, Elektrizität in beliebiger Menge zu produzieren», sagt Steinle. «Das war der Strom, der die Welt verändert hat.» So legte Faraday den Grundstein der zweiten industriellen Revolution.

Arme und gläubige Familie

Diese und seine zahlreichen weiteren Entdeckungen in der Chemie und der Physik machten Faraday zu einem der größten Wissenschaftler des 19. Jahrhunderts. Der Weg dorthin war allerdings steinig. Michael Faraday kam am 22. September 1791 als Sohn eines Schmieds zur Welt. Die tief religiöse Familie war arm, zeitweise gab es nicht einmal genug zu essen. Faraday erhielt nur eine einfache Schulbildung und begann im Alter von 14 Jahren eine Buchbinderlehre in London. In einer Ausgabe des Lexikons «Encyclopædia Britannica», die er binden sollte, weckte der 127 Seiten lange Eintrag über Elektrizität sein Interesse. Fortan besuchte er wissenschaftliche Vorträge.

Eine Vortragsreihe des Chemikers Sir Humphry Davy, der einer bekanntesten Wissenschaftler seiner Zeit war, faszinierte Faraday derart, dass er seine akribischen Vorlesungsmitschriften selbst illustrierte, in Leder band und Davy mit der Bitte um eine Anstellung vorlegte. Tatsächlich wurde er einige Zeit später Davys Assistent und lernte von ihm die Chemie von der Pike auf. Faraday wurde Laborassistent, Laborleiter und schließlich Professor an der Londoner Royal Institution. «Mancher meint, mit einiger Berechtigung, dass Faraday Davys größte Entdeckung war», heißt es heute in der «Encyclopædia Britannica».

Chemische Trennung von Stoffen

Faraday beschäftigte sich intensiv mit der Elektrolyse, also der chemischen Trennung von Stoffen mithilfe von elektrischem Strom, was zu den heute nach wie vor gebräuchlichen Faraday’schen Gesetzen führte. Bei seiner Erforschung der Elektrizität entwickelte er schließlich die Vorstellung, dass Magnetismus und Elektrizität sich jeweils in Feldern im Raum manifestieren. Das war die Geburt der Feldtheorie. «Faraday hat den Begriff des Felds eingeführt», erläutert Steinle. «Das ist vielleicht seine größte Leistung, denn sie hat intellektuell mindestens so große Auswirkungen gehabt wie die Entdeckung der Induktion.»

Die Vorstellung von elektrischen und magnetischen Feldern stieß zunächst allerdings auf große Skepsis unter den Wissenschaftlern. Erst Jahrzehnte später gab der Brite James Clerk Maxwell der Feldtheorie den mathematischen Rahmen. Er bekannte dabei freimütig, dass die grundlegenden Ideen zu seiner mathematischen Feldtheorie von Faraday stammten.

Religiosität

Trotz seiner Begeisterung für die Forschung und seiner wissenschaftlichen Erfolge war der vielleicht wichtigste Ankerpunkt in Faradays Leben die Religion. Seine Frau Sarah und er gehörten wie seine Eltern der christlichen Minderheit der Sandemanier an. «Das religiöse Leben hat ihn tief erfüllt», berichtet Steinle. «Seine innere Stabilität hat Faraday nicht aus der Wissenschaft bekommen, sondern aus der Religion.»

Faraday blieb sein gesamtes Arbeitsleben an der Royal Institution in London. Dort begründete er unter anderem die Tradition der jährlichen Weihnachtsvorlesungen für Kinder, die bis heute gehalten werden. Der Ausnahmeforscher ging 1861 in den Ruhestand und starb am 25. August 1867 in Hampton Court bei London.