Der Industriellenverband Fedil hat in Luxemburg die Ära der Industrie 4.0 ausgerufen. Auch wenn kein neues Industriezeitalter anbrechen wird, so doch ein neues Zeitalter für die Industrie. Denn: Die alten Fabriken mit Sägezahndach und rauchenden Schloten gehören der Vergangenheit an. Die Fabriken der Zukunft sind sauber, effizient und automatisiert. Hightech pur.
Schwere und monotone Arbeiten werden in modernen Fabriken nicht mehr von Menschen erledigt, sondern von Maschinen. Bereits heute verwalten Roboter die Materiallager der Unternehmen. Fertigungsstraßen funktionieren nahezu autonom. Der Mensch übernimmt in diesem geschäftigen Reigen lediglich die Organisation, die Planung, und er legt die Ziele fest. Damit wird aus dem Maschinenführer ein Maschinenmanager.
Es werden immer weniger Menschen gebraucht, um in einer solchen Fabrik zu arbeiten. Vermeiden lässt sich das nicht. In der Industrie besteht der Trend darin, die Fertigung wieder näher an den Kunden und damit in Hochlohnländer zu verlegen. Auch deshalb wird die Automatisierung vorangetrieben.
Das könnte man als Katastrophe deuten. Maschinen erledigen die Arbeit der Menschen, ergo nehmen Maschinen den Menschen die Arbeit weg. Die Entwicklung kann aber auch der Anlass für soziale Reformen und neues Verständnis der Arbeit sein. Es stehen viele Ideen zur Debatte. Etwa eine Verringerung der Arbeitszeit bei gleichem Lohn oder die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens.
Auf diese Weise könnten auch die Arbeitnehmer vom technischen Fortschritt profitieren. Sie würden über mehr Freizeit verfügen und könnten ihr Berufs- und Privatleben besser in Einklang bringen. Daneben verfügten sie über mehr Ressourcen, um sich politisch oder zivilgesellschaftlich zu engagieren. Technischer Fortschritt ist eben nicht bloß eine Spielerei von Technikfreaks. Technischer Fortschritt ist eine treibende Kraft gesellschaftlicher Entwicklungen. Im negativen wie im positiven Sinn.
Wie Technik die Gesellschaft verändern wird, ist noch offen. Politik und Zivilgesellschaft müssen über ihren Einsatz und die Verteilung des damit verbundenen Wohlstands nachdenken und einen Konsens finden.
Die Politik in Luxemburg weiß um die Bedeutung von technischem Fortschritt und Innovation. So ist Fintech eine Priorität nicht nur des Finanzministers. Und das Bildungsministerium lässt immer mehr Technik in die Klassenräume einziehen.
Sogar die Zivilgesellschaft wird eingebunden. In den Diskussionen rund um den Rifkin-Plan (bei dem der US-Ökonom Jeremy Rifkin seine Vorstellungen einer modernen Wirtschaft auf Luxemburg ummünzt) stand es Vertretern der Zivilgesellschaft offen, an Arbeitsgruppen teilzunehmen.
Jetzt gilt es, die Weichen zu stellen, sodass der Fortschritt allen dient. Fortschritt darf nicht zum bloßen Instrument werden, um „den Standort Luxemburg attraktiver zu machen“ oder damit einige wenige immer reicher werden. Vor den Fabriken der Industrie 4.0 sollen am Ende keine Bettler sitzen, sondern Menschen, die die Früchte des Fortschritts genießen.
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