Der Fair-Play-Gedanke war wesentlicher Bestandteil der von Pierre de Coubertin Ende des 19. Jahrhunderts wiederbelebten olympischen Idee. Allerdings hatten es die Griechen bei den (Olympischen) Spielen der Antike nicht so genau genommen mit der Fairness.
Ihre Sportarten waren fast ausnahmslos militärischen Ursprungs, weshalb in den Wettkämpfen das Recht des Stärkeren galt. Im Wagenrennen wurden die Gegner abgedrängt, übermittelt sind zudem Betrügereien in allen anderen Disziplinen vom Speerwerfen bis hin zum Ringen. Ein Meister der faulen Tricks war im Übrigen trotz seiner außergewöhnlichen Kräfte Odysseus. Nachzulesen in den Büchern Homers, in denen sich die ersten literarischen Schilderungen sportlicher Wettkämpfe finden, was aus dem frühesten Dichter der Antike auch den ersten Sportberichterstatter der Geschichte macht.
Was Milon von Kroton recht war, ist den Athleten im Profisport des 21. Jahrhunderts billig. Zumal es heute um eine Menge Geld geht und die alles überstrahlende Devise Erfolg um jeden Preis lautet. Allerdings ging es auch bei den Sportlern der Antike um Materielles. Ein Olympiasieger hatte bis zu seinem Lebensende ausgesorgt und die Athleten waren genau genommen schon damals Profisportler.
Je größer der Einsatz, desto stärker die Versuchung, die Gebote des Fair Play zu missachten. Eine recht banale Feststellung, die allerdings mehr denn je ihre Berechtigung hat. Die Auswüchse des heutigen Spitzensports, ob Doping, Schummelei, Korruption oder brutale Fouls, sind fester Bestandteil der Sportberichterstattung in den Medien. Bedenklich wird es, wenn die Missachtung von Fairness als Schlitzohrigkeit dargestellt wird. «‹Frechheit siegt› ist der größte Gegner von ‹Fair geht vor'», stellt das internationale Fair-Play-Komitee in diesem Zusammenhang fest.
Wenn Spitzensportler mit ihrem Vorbildcharakter regelmäßig für Negativbeispiele sorgen, dann wird es für die Basis, also die Vereine, immer schwerer, Kindern und Jugendlichen die richtigen Werte des Sports zu vermitteln. Natürlich machen die Kommerzialisierung des Spitzensports und die stetig steigende Erwartungshaltung der Öffentlichkeit noch lange nicht aus jedem Athleten einen potenziellen Schummler. Doch wie immer gilt: Mangelnde Fairness einiger weniger reicht aus, um eine ganze Sportart zu diskreditieren.
«Fair Play ist definiert als eine Art zu denken, nicht nur als eine Art des Verhaltens», heißt es im Europäischen Code für Sport-Ethik, «es zielt ab auf die Beseitigung von Betrug, unzulässigen psychologischen Tricks, Doping, Gewalt (physisch und psychisch), Ausbeutung, ungleichen Chancen, exzessiver Kommerzialisierung und Korruption».
Der Code stammt aus dem Jahr 1993, ist aber aktueller denn je. Denn er beinhaltet hehre Ziele, für die zu kämpfen es sich zweifelsohne lohnt. In Anbetracht des Bildes, das der Spitzensport des 21. Jahrhunderts oft abgibt, scheint der Kampf allerdings schon lange verloren.
pmichel@tageblatt.lu
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können