Samstag20. Dezember 2025

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Obama und das Ende einer Ära

Obama und das Ende einer Ära
(Markus Schreiber)

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ZU DEN ABOS

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Die Kanzlerin wird Obama heute gebührend verabschieden. Viele seiner Anhänger in Deutschland haben den Blues. Merkel dürfte dazugehören.

Angela Merkel fällt dieser Besuch schwer. Nicht, weil die Themen so kompliziert sind, über die sie mit Barack Obama sprechen wird. Der schreckliche Syrienkrieg, die Gefahr durch die Terrormiliz Islamischer Staat, die Schuldenkrise in Griechenland, der Ausstieg der Briten aus der Europäischen Union und, und, und.

Es sind für die Bundeskanzlerin zwei bedrückende Tage, weil es das letzte Mal ist, dass sie Barack Obama als US-Präsidenten an ihrer Seite hat. Der mächtige Mann, der die deutsche Regierungschefin zu seiner wichtigsten Partnerin im Ausland erklärt hat. Das Verhältnis war in den vergangenen acht Jahren nicht konfliktfrei. Aber vertrauensvoll.

Enge Zusammenarbeit

Das ist viel. «Mit ihr habe ich wahrscheinlich am engsten zusammengearbeitet», sagt Obama über Merkel. Ihn haben die Deutschen wahrscheinlich so gefeiert wie keinen anderen.

Es darf bezweifelt werden, dass die Kanzlerin zu Obamas Nachfolger Donald Trump eine ähnliche Nähe aufbauen wird. Doch auch für Obama ist Deutschland ein Sehnsuchtsland. Er wollte unbedingt noch einmal nach Deutschland, die Stärke der Beziehungen demonstrieren. Viele fragten sich: Was soll das eigentlich? Da galt noch Hillary Clinton als Favoritin auf seine Nachfolge.

Obama als Mittelsmann

Nun, vor völlig neuem und unerwartetem Hintergrund, kommt Obama als Mahner und Erklärer. Und als einer, der sein Erbe – so gemischt es ausfallen mag – retten will, vor dem Zugriff unberechenbarer Politnovizen.

Er, der vergangene Woche eineinhalb Stunden mit Trump unter vier Augen zusammensaß, ist plötzlich zum Mittelsmann geworden – ein harter Job. Obama muss Trump, dem er noch vor weniger als zwei Wochen glatte Unfähigkeit bescheinigt hatte, jetzt im Ausland verkaufen. Und zwar ohne sein Land, dessen Bürger und die Würde des Amtes zu verletzen.

Keine Drähte

Wie gut es Obama auch gelingen mag, in Sachen Donald Trump zu besänftigen: Die Berater von Merkel und Außenminister Frank-Walter Steinmeier stellen sich darauf ein, dass sie nicht so schnell einen Kontakt zur Trump-Truppe finden werden – auch weil es bisher so gut wie keine Drähte gibt.

Es dürfte lange dauern, bis die Scherben, die Trumps Wahlkampf hinterlassen hat, überhaupt erst einmal zusammengefegt sind. Fast alle Grundfesten scheinen erschüttert. Was wird aus der NATO, dem Klimaabkommen, dem Atomabkommen mit dem Iran, dem Zusammenhalt des Westens gegen Machtansprüche Russlands?

Die Botschaft dieses Besuches könnte so lauten: Die USA bleiben ein wichtiger Partner für Deutschland – Merkel könnte auf den Superlativ vom wichtigsten Partner verzichten – aber nun muss sich die Bundesrepublik mehr um sich selbst kümmern. Unabhängiger werden. Vielleicht erwachsener. Ein Abschied von Amerika als großer Bruder.

TTIP für Trump «Teufelszeug»

Schon vor ihrem Zusammentreffen haben der scheidende Präsident und die Kanzlerin, die erst noch erklären muss, ob sie zum vierten Mal für dieses Amt antreten will, für das umstrittene TTIP- Freihandelsabkommen geworben. Auch das hält Trump für Teufelszeug. In der «Wirtschaftswoche» schreiben Merkel und Obama: «Eine Rückkehr in eine Welt vor der Globalisierung wird es nicht geben.» Dennoch halten Experten das Abkommen für eingefroren – mindestens.

Die Achse Washington-Berlin sei für die Weltwirtschaft und die G20-Gruppe der Top-Wirtschaftsmächte enorm wichtig. Apropos G20: Die 19 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer sowie die Europäische Union sind im Juli zu Gast in Deutschland.

Wenn Obama am Freitag nach Peru zu seinem letzten Gipfel der Pazifik-Anrainer reist, geht er als Freund. Am Donnerstagnachmittag gehen Merkel und Obama gemeinsam vor die Kameras. Das letzte Mal. Tränen werden wohl weder der Kanzlerin noch dem Präsidenten kommen. Aber wehmütig werden sie vermutlich sein.