„Auch im Norden leben Menschen. Sie haben das gleiche Anrecht auf qualitatives Wachstum wie die Einwohner der anderen Regionen“, hob die CSV-Abgeordnete Martine Hansen am Donnerstag hervor. Der Gesetzentwurf der Regierung über die Gemeindefinanzen ignoriere hier aber ganze Landstriche. Nur die größeren Ortschaften wie Vianden, Clerf und Wiltz würden berücksichtigt. „Der Norden ist kein Freilichtmuseum“, ereiferte sich Hansen.
Es sei logisch, dass die „Nordstad“ das Rückgrat der Region bilde. Deshalb sei es verständlich, dass die „Nordstad“-Gemeinden besonders gefördert würden, so Hansen. Aber es fehle an konkretem Input. So würden die Entwicklungsmöglichkeiten in den betroffenen Gemeinden nicht völlig ausgeschöpft.
Nachholbedarf in vielen Bereichen
Dass die Mobilität zwischen Ettelbrück und Diekirch ausgebaut werden solle, sei gut. Aber die Maßnahmen dürften sich nicht auf diese beiden Städte beschränken.
Auch bei den Entwicklungszentren besteht laut der CSV Norden Nachholbedarf. Clerf und Vianden würden von der Regierung lediglich als interessant für den Tourismus und Kulturaktivitäten eingestuft. Wiltz und Redingen/Attert ihrerseits seien interessant für Dienstleistungen, den Handel und als Standort für öffentliche Dienste.
Die CSV bemängelte, dass im ganzen Norden keine Ortschaft als CDA („Centre de développement et d’attraction“) für den Arbeitsmarkt oder den Wohnungsbau ausgezeichnet wurde. Der Norden werde auf seine Rolle als Erholungsgebiet und als Hersteller von sogenannten „produits du terroir“ limitiert, ärgerte sich die CSV-Parlamentarierin. Und sogar hier würden die Entwicklungsmöglichkeiten der Region begrenzt. „Bintje oder Nicola, ist das qualitatives Wachstum?“, fragte sich Hansen.
Die CSV wollte aber nicht nur kritisieren. Sie machte am Donnerstag auch Vorschläge, wie die Lage im Norden verbessert werden könnte. So regte sie unter anderem die Schaffung von neuen Aktivitätszonen an. Auf diese Weise würden Arbeitsplätze in der Region geschaffen, was wiederum dem Handel usw. zugute käme.
Für eine größere Dezentralisierung
Im Allgemeinen müsse eine größere Dezentralisierung von Dienstleistungen und öffentlichen Diensten das Ziel sein. Dadurch würde unter anderem das tägliche Verkehrschaos in Richtung Süden vermieden. In diesem Zusammenhang fordert die CSV die Schaffung einer Umgehungsstraße für Ettelbrück und Feulen sowie für Diekirch. Ein Ausbau der bestehenden N7 auf vier Spuren wäre auch von Vorteil, wurde betont. Außerdem müsse das öffentliche Verkehrsnetz verbessert werden. Hier werde der ganze Norden stiefmütterlich behandelt. Die Dezentralisierung sei außerdem ein Schlüsselelement hinsichtlich des prophezeiten Eine-Million-Einwohner-Staates, wurde erinnert.
Man dürfe den Norden nicht nur im Zusammenhang mit den anderen Regionen Luxemburgs sehen. Er biete viele Entwicklungsmöglichkeiten, wenn die Zusammenarbeit mit den Nachbarregionen des Großherzogtums mit in Betracht gezogen werde, erläuterte Hansen.
Die geplante Reform der Gemeindefinanzen ist der CSV Norden ein Dorn im Auge. Sie sei kontraproduktiv, weil die flächenmäßig größeren Gemeinden des Landes benachteiligt würden. Nur die Bevölkerungszahl und die Bevölkerungsdichte würden in Betracht gezogen. Die Devise des Innenministers, man müsse das Geld dorthin investieren, wo die meisten Menschen leben, sei falsch. Gemeinden mit einer großen Fläche brauchen zum Beispiel mehr Geld, um ihre unterirdische Infrastruktur zu unterhalten oder zu erneuern. In ihren Zuständigkeitsbereich fallen oft mehrere Dörfer. Das erhöhe die Ausgaben. Idem, was das Wasser- und Abwassernetz betrifft, fügte der Bürgermeister von Tandel, Ali Kaes, hinzu. Er kritisierte in diesem Zusammenhang die Herabsetzung der staatlichen Zuschüsse von 90 auf 50 Prozent.
Weniger Geld für die Gemeinden
Durch das neue Finanzierungsgesetz würden etliche Gemeinden im Norden weniger Geld erhalten. Einige Beispiele: Wintger (-16 Prozent/2,05 Millionen Euro), Weiswampach (-19,6 Prozent/1,01 Million Euro), Tandel (-13,5 Prozent/780.669 Euro), Bauschelt (-15 Prozent/508.067 Euro), Stausee-Gemeinde (-9,7 Prozent/482.530 Euro), Esch/Sauer (-5,4 Prozent/345.594 Euro) und Kiischpelt (-9,4 Prozent/303.921 Euro). Landesweit würden 31 Kommunen weniger Geld erhalten, davon alleine 17 aus dem Norden, heißt es. Aber auch im Osten würden einige Kommunen „dumm aus der Wäsche gucken“. Die Regierung verspricht den betroffenen Gemeinden Kompensierungen.
Wie diese aussehen sollen, sei aber noch unbekannt. Inzwischen müssten die Gemeinden aber ihren Haushalt für das kommende Jahr aufstellen. Das sei in dieser Situation sehr schwierig, so Emile Eicher, Bürgermeister von Clerf. Wenn dieser Entwicklung nicht entgegengesteuert wird, hätte sie dramatische demografische Folgen. Denn die Leute würden sich dort niederlassen, wo die Lebensqualität und das sozio-ökonomische Umfeld am besten seien. Und das sei nicht der Norden, wo aber der nötige Platz sei.
Man hindere so eine ganze Region am Wachsen, so die Schussfolgerung der CSV. Die Partei hat zudem eine Gegenberechnung zum vorgeschlagenen Gemeindefinanzierungsgesetz ausgearbeitet. In dem Dokument kämen viel weniger Gemeinden „schlecht weg“, so Emile Eicher.
Zu Demaart
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