Knapp 500 Personen haben die zwei Rundtischgespräche über Landesplanung und qualitatives Wachstum vergangene Woche vor Ort mitverfolgt. Wie viele sich die mehrstündigen Veranstaltungen via Liveschaltung im Internet angesehen haben, ist nicht bekannt. Die große Debatte mit der „Gesamtbevölkerung“ findet derzeit jedoch nicht statt.
Die Betonung liegt bei derzeit, denn der von Nachhaltigkeitsminister François Bausch angestoßene Prozess soll sich über die nächsten Wochen und Monate in die Breite entwickeln. Das Programm dieser „partizipativen Diskussionen“, so der Wortlaut aus der Regierungsstelle, sieht ab Februar nächsten Jahres u.a. Regionalwerkstätten vor.
Thematisiert werden „Entwicklungsziele in puncto Einwohner und Arbeitsplätze, Mobilität, attraktiver und erschwinglicher Wohnraum, Nahversorgung und öffentliche Dienste“. Alles Fragen, die tatsächlich jeden einzelnen Bürger beschäftigen müssten.
Und es wohl auch tun. Im Landessüden etwa wird es viele interessieren, wo und vor allem wie viele neue Wohnsiedlungen entstehen werden, wie viel von den aktuellen Naherholungsgebieten in der Region noch in zehn oder zwanzig Jahren erhalten bleibt. Nur, wie überzeugt man eine Bürgermehrheit von der Teilnahme an den Diskussionsrunden?
Die beiden Foren vor einer Woche vereinten hauptsächlich alte Bekannte, Anhänger eines gelenkten Wachstums, denen allein der Gedanke an die seit Jahrzehnten stattfindende Entwicklung in Sachen Landverbrauch und Straßenverkehr Sorgenfalten auf der Stirn beschert.
Schade, denn vor allem die politische Runde am 10. November bot auch für Nichteingeweihte durchaus interessante Einblicke in mögliche Entwicklungsperspektiven des Landes, wobei sowohl Mehrheits- als auch Oppositionsparteien erfreulicherweise auf billige Parteipolemik verzichteten.
Doch wer wusste bzw. weiß von der Debatte über Luxemburgs „qualitative Wuesstem“? Die Frage ist doch, wie eine Regierung, wie die Politik ganz allgemein, über diese konkrete Wachstumsdebatte hinaus eine breite Bevölkerung mobilisieren kann, also auch jene Mehrheit, die nicht von den traditionellen Medien, sowohl gedruckt als auch elektronisch, erfasst wird, entweder weil sie Letztere nicht kennt, sich von ihnen abgewandt hat oder schlicht nicht interessiert ist.
Betroffen sind nicht allein die Hunderttausenden gebietsansässigen Nicht-Luxemburger, sondern auch weite Teile der derzeit rund 160.000 Grenzgänger. Auch sie gehören in die Diskussion mit eingebunden. Sie sind eine treibende Kraft des Luxemburger Wirtschaftsmodells, gleichzeitig jedoch auch Mitverursacher des aktuellen Mobilitätsproblems, das dank vernünftiger Landesplanung gelöst werden soll.
Der ehemalige Innenminister und aktuelle Oppositionspolitiker Michel Wolter (CSV) meinte dieser Tage sinngemäß, in Luxemburg glaube man, man müsste bei Entscheidungen in wichtigen Fragen auch noch den Letzten mit ins Boot nehmen, doch das sei nun mal nicht möglich.
Das trifft wohl zu, nur sollte das die Politik nicht davon abhalten, doch eine größtmögliche Mehrheit mit in dieses Boot zu nehmen, politische Opposition inbegriffen. Nur so kann sichergestellt werden, dass die schöne Zukunftsstrategie der aktuellen Koalition nicht bereits nach den nächsten Legislativwahlen Makulatur wird.
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