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«Abus de pouvoir»

«Abus de pouvoir»

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RTL ist zu wichtig, um missbraucht werden zu dürfen.

Unser Titel («Abus de pouvoir») steht zwischen Anführungszeichen, weil er dem Lëtzebuerger Land entnommen ist, jener guten Wochenzeitung, die man oft lesen sollte (wie auch den Jeudi aus dem Hause Editpress).

Als abus de pouvoir, Machtmissbrauch, des für die Luxemburger Geschäfte des Medienkonzerns CLT-UFA-RTL verantwortlichen Generaldirektors bezeichnet das Land Anweisungen, die zur Ausstrahlung eines wissentlich und gezielt verfälschten TV-Interviews mit dem Mudam-Chef Lunghi führten.

Lunghi wurde wegen des skandalösen Eindrucks, den die Manipulation bewirkte, zum ruppigen Typen, zu einem, der einer braven Journalistin den Arm verdreht und sie dabei so schlimm verletzt, dass sie krankgeschrieben werden musste. Diese Darstellung ergab sich aus dem Bild- und Tonschnitt, die gegen alle ethischen und beruflichen Regeln des Journalismus verstoßen.

Weil es aber RTL war, ein zwar privater, aber doch aufgrund des Konzessionsvertrags zwischen dem Staat und der Eigentümergesellschaft irgendwie nationaler Sender, der den vermeintlichen Skandal verbreitete, setzte sich eine Kettenreaktion in Gang, die kaum noch kontrollierbar ist.

Am Ende hat nicht nur RTL den Schaden, sondern alle Medien geraten in den Verdacht, laufend Ähnliches zu tun, Stichwort Lügenpresse.

RTL provozierte mit seiner verfälschten Darstellung eine unangemessene Reaktion des Staats-und Kulturministers, und darüber hinaus die strenge Verurteilung Lunghis durch die getäuschten Journalistenverbände. Lunghi selbst geriet in einen Shitstorm, er trat nach ein paar Tagen zurück, trotz der Unterstützung seines Verwaltungsrates, der Belegschaft und vieler Kunstfreunde im In- und Ausland.

Um was ging es bei dieser zur RTL-Affäre gewordenen Affäre Lunghi?

Nun, am Rande natürlich um Audienz (RTL lebt von der Werbung; die kriegt man nur für ein zahlreiches Publikum, und ein solches kommt, wenn etwas los ist), aber vorrangig, in diesem Fall wie in andern bei RTL, um die hausintern und die öffentlich demonstrierte Macht. Wenn mein kleiner Finger es will, dann ist es so, Regeln und Vorschriften hin oder her, was scheren mich Chefredakteure, ALIA (die Luxemburger Überwachungsstelle für Medien), Minister und Regierung? Alle wissen, was sie mir schulden und wie ich ihnen schaden könnte, wenn …

Was, wenn?

Wenn man die Dinge so laufen lässt, wenn die vielen Politiker, welche RTL in der Tat als ein gutes, überparteiliches RTL brauchen, diesmal nicht den längst fälligen Schlussstrich ziehen (im von Jacques Santer präsidierten CLT-UFA-RTL-Verwaltungsrat sitzen Wiseler, Bodry und Berger), dann muss die breite Öffentlichkeit selber für die Rosskur sorgen.

Das Land nennt den Namen: Berwick. Er mag ein vorzüglicher Manager sein, einer, dem es vor Jahren gelang, im Hintergrund die Kleinaktionäre von Eldoradio aufzukaufen, dem Gesetz zum Trotz, einer, der kürzlich versuchte, L’essentiel Radio unter Missachtung des Lastenheftes in den RTL-Korb zu bringen, einer, der immer den Durchmarsch wagte.

RTL, ein sauber gemachtes, in seinem Nachrichtenteil vertrauenswürdiges RTL ist für Luxemburg, in Anbetracht der hiesigen Medienstruktur, ungemein wichtig.

Im nächsten Jahr soll der neue Konzessionsvertrag, über den Bertelsmann wahnsinnig viel Geld mit RTL verdienen kann, unterschrieben werden.

Bertelsmann und die Geschäftsführung von RTL Group schulden diesem Land einen Sender, der über den Verdacht der politischen, geschäftlichen oder eigennützigen Manipulation erhaben ist.

asold@tageblatt.lu