Auf die Biographie von Lewis Hamilton darf man schon jetzt gespannt sein. «In zehn Jahren», kündigte der um seinen Thron bangende Formel-1-Weltmeister vor dem Saisonfinale an, werde er alles zum häufig diskutierten Mechaniker-Tausch bei Mercedes zu Beginn dieses Jahres auspacken. Leises Gemurmel bei seinen Zuhörern war die logische, vielleicht sogar einkalkulierte Folge. Was war da geschehen? Ist das also der Grund für Hamiltons beinahe verdächtig hohe Quote an technischen Problemen in diesem Jahr? Hamilton lehnte sich zurück und ließ die Gerüchte brodeln.
Rosberg Weltmeister wenn …
er mindestens 3. wird;
er 4., 5., 6. wird und Hamilton höchstens 2.;
er 7., 8. wird und Hamilton höchstens 3.;
er 9., 10. wird und Hamilton höchstens 4.;
er keine Punkte holt und Hamilton höchstens 4. wird.
Hamilton Weltmeister wenn …
… alle diese Fälle nicht eintreten.
Nicht nur auf der Strecke, sondern auch daneben versucht der Brite, im Duell mit seinem Teamkollegen Nico Rosberg aus Deutschland das Blatt noch zu wenden. Einen subtilen Nadelstich nach dem anderen setzte der 31-Jährige beim frostigen Ballyhoo der Dauerrivalen auf der Fahrer-Pressekonferenz gegen Rosberg, der ihm vor dem Showdown beim Großen Preis von Abu Dhabi (Sonntag, 14.00 Uhr) in der WM-Wertung zwölf Punkte voraus ist.
An Siegen gleichauf
Für Hamilton heißt das: Aus eigener Kraft geht nichts. Selbst ein Sieg würde ihm nach der 21 Rennen umfassenden Mammut-Saison nur dann seinen vierten Titel bringen, wenn Rosberg das Podium verpasst. Angesichts der konstanten Leistungen des 2014 und 2015 im WM-Kampf unterlegenen Deutschen ein unwahrscheinliches Szenario. Doch Hamilton tat in Abu Dhabi, was er konnte, um seinen Widersacher ins Grübeln zu bringen.
«2016 war kein großartiges Jahr für mich», sagte Hamilton, der mit neun Saisonsiegen mit Rosberg gleichauf liegt: «Wenn es nicht reicht, nehme ich alles Positive eben mit in das nächste Jahr.» Der «Jäger», wie er sich nach seinem Triumph im Regenchaos von Brasilien vor zwei Wochen getauft hatte, wurde nicht müde, immer wieder auf seine Überlegenheit hinzuweisen. «Ohne die roten Flaggen hätte ich in Sao Paulo einen Vorsprung von 30 Sekunden herausgefahren. Das ist eine größere Leistung als den Gegner einzubremsen», so Hamilton.
Leben im Konjunktiv
Tatsächlich leben viele Formel-1-Experten und Fans in diesen Tagen im Konjunktiv und rechnen vor, dass Hamilton ohne sein Technik-Pech (u.a. Motorschaden in Malaysia) eigentlich als Führender ins letzte Rennen hätte gehen müssen. Für Hamilton ist das angeblich abgehakt: «Es war eine herausfordernde Saison wegen des Auf und Ab, das ich hatte. Aber dieses Jahr hat mir gezeigt, dass alles möglich ist. Ich bin stolz, dass ich mich so zurückgekämpft habe.»
Mit dieser Nichts-zu-verlieren-Mentalität soll ihm in Abu Dhabi «der nächste Sieg» gelingen. Weiter muss der 31-Jährige wohl auf die Unterstützung der Red Bull hoffen, die ebenso wie Ferrari-Pilot Sebastian Vettel eventuell zum Zünglein an der Waage werden könnten. Und wenn es nicht mit Titel Nummer vier klappt? Für den Fall hatte Hamilton schon vor Wochen vorgebaut. Dieses Jahr die WM zu verlieren, sei «zu verschmerzen», hatte er erklärt. Immerhin habe er «bereits drei Titel». Noch sind das drei mehr als Rosberg.
Pole Position an Hamilton
Im Qualifying am Samstag war Lewis Hamilton in allen drei Abschnitten schneller als Nico Rosberg und holte vor seinem Teamkollegen die Pole Position. Dahinter folgt zunächst der Red Bull von Daniel Ricciardo, dann Kimi Räikkönen im Ferrari. Von Platz 5 aus startet dessen Teamkollege Sebastian Vettel, auf Rang 6 steht Max Verstappen (Red Bull).
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