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Von 1984 zu 2016

Von 1984 zu 2016
(Alain Rischard/editpress)

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Zur Überwachung von Angestellten

Als George Orwell 1948 den Roman 1984 schrieb, steckten die Möglichkeiten der Überwachung noch in den Kinderschuhen. Obwohl prophetisch von dem Autor vorhergesehen, gab es noch keine technischen Video-Möglichkeiten, noch keine computergesteuerte Erfassung aller möglichen Aktivitäten. Dies bedeutet nicht, dass Überwachung ganz allgemein nicht möglich war; die Nazis hatten einige Jahre vor Erscheinen des Romans vorexerziert, wie eine ganze Gesellschaft mit ausgefeiltem organisierten Spitzeltum kontrolliert werden konnte.

Spätestens seit dieser unappetitlichen Epoche sind die Luxemburger, wie viele anderen Europäer, skeptisch bis ablehnend gegenüber jedweder Form der systematischen Überwachung. Wenn jetzt ein Gesetzesvorhaben ausgerechnet einer Dreierkoalition, die „Fenster aufreißen“ und emanzipatorisch wirken wollte, vorsieht, die Möglichkeiten zur innerbetrieblichen Überwachung auf beispiellose Weise zu erweitern, so erscheint dies wie ein schlechter Witz. Mittlerweile hat nicht nur die Arbeitnehmerkammer, sondern auch der OGBL Lunte gerochen und stemmt sich energisch gegen das Gesetzesprojekt 7049, das eine künftige Videoüberwachung in den Unternehmen ohne vorherige Genehmigung erlauben soll.

Der Schutz der Privatsphäre und die individuellen Rechte der Arbeitnehmer würden durch die Umsetzung des Projektes auf drastische Weise herabgesetzt, schreibt der OGBL. Und in der Tat: Bislang sah das nationale Arbeitsrecht vor, dass eine Überwachung nur in klar definierten Fällen möglich ist, und dies erst, nachdem die nationale Datenschutzkommission eine entsprechende Genehmigung erteilt hat. Diese scheint denn auch ein Grund für die vorgesehene Gesetzesänderung. Statt die Kommission, die jährlich etwa 650 solcher Anträge behandeln muss, personell aufzustocken, soll das Gesetz nun so abgeändert werden, dass eine einfache Mitteilung an die Kommission künftig ausreichen solle, um mit der Überwachung der Mitarbeiter beginnen zu können.

Der OGBL – und nicht nur er – befürchtet nun, „dass diese schwerwiegende Abschwächung des gesetzlichen Daten- und Überwachungsschutzes Missbrauch Tür und Tor öffnen wird“.

Das Gleichgewicht zwischen betrieblichen Interessen und jenen der Arbeitnehmer würde empfindlich gestört, das Gesetz würde gravierende Auswirkungen auf den Schutz der Privatsphäre der Arbeitnehmer haben.

Man stelle sich nur das Resultat der vorgesehenen Gesetzesänderung praktisch vor; man nimmt morgens im Büro Platz, weiß allerdings nicht, ob der Boss per (versteckte) Kamera zusieht, per Mikrofon mithört, oder auch nicht. Die Produktivität würde solchermaßen dramatisch abnehmen, der verunsicherte Mitarbeiter traut seinem Chef nicht mehr; dieser dem Mitarbeiter ohnehin nicht, ansonsten er ja nicht zu Mitteln der Überwachung gegriffen hätte. Ohne gegenseitiges Vertrauen ist jedwedes positive Arbeitsverhältnis ein Ding der Unmöglichkeit. So dürfte die administrative Vereinfachung, die von der Regierung u.a. als Argument für das Projekt 7049 angeführt wird, jedenfalls kaum gedacht sein.