Dass sich die Europäische Kommission zu einem Kompromiss mit der deutschen Regierung hat breitschlagen lassen, ist nicht eben dazu angetan, die Popularität dieser Institution in weiten Teilen Europas zu erhöhen.
Vor allem, wenn man bedenkt, dass es hier in erster Linie darum geht, dass der CSU-Politiker Alexander Dobrindt, in der Regierung Merkel für das Verkehrsressort zuständig, sich vor seinen Wählern dahoam in Bayern als starker Entscheider darstellen kann, der – so wie die Geschichte jetzt nach außen aussieht – sogar in der Lage ist, die mächtige Kommission in die Knie zu zwingen.
Diese Entscheidung läuft der Idee eines vereinten Europas auf eklatante Weise zuwider. Sicher, die Deutschen haben die Maut nicht erfunden, in Frankreich sind große Teile des Autobahnnetzes seit Jahrzehnten privatisiert, und wer durch Österreich will, muss auch schön brav für das erforderliche „Pickerl“ löhnen. Genauso wie in den meisten osteuropäischen Mitgliedsländern.
In diesen Staaten sind aber In- und Ausländer bei der Vignettenpflicht gleichgestellt, was in Deutschland nicht der Fall ist: Auch wer als Ausländer mit einem umweltfreundlichen Fahrzeug über Bundesstraßen und Autobahnen rollen wird, kann nun mal nicht von der Ermäßigung auf die Kfz-Steuer profitieren, in deren Genuss jemand, der ein technisch identisches, aber in Deutschland zugelassenes Auto fährt, in Zukunft kommen soll.
Und es ist diese Sorte von Diskriminierung, die mit dem Geist Europas nicht vereinbar ist, der doch noch dazu führen könnte, dass Dobrindts schöne Maut letzten Endes von den Kirchberger Richtern zur Strecke gebracht wird.
Dabei ist gegen den Gedanken einer Maut nicht unbedingt grundsätzlich etwas einzuwenden: Bau und Unterhalt des Schnellstraßensystems kosten ein Heidengeld, und es ist durchaus begreiflich, wenn die öffentliche Hand die Nutzer an diesen Kosten beteiligen will. Nur: Dann muss aber endlich eine europäische Lösung in dieser Sache her.
Es darf nicht sein, das jemand, der regelmäßig kreuz und quer durch die EU unterwegs ist, sich die halbe Windschutzscheibe mit Pickerln zupappen muss.
Eine andere schlechte Idee der deutschen Regierung ist die angedachte Privatisierung von Teilen des Autobahnnetzes. Privatautobahnen, das hat der Fall Frankreich gezeigt, sind nichts weniger als eine Lizenz zum Gelddrucken. Und zwar zum Nachteil der Bürger.
Gerade in Zeiten, in denen die Politik große Probleme hat, ihre Legitimität bei weiten Teilen der Bevölkerung aufrechtzuerhalten, geht es nicht an, dass neoliberale Räuberbanden die Allgemeinheit mit dem Segen der Regierungen ausplündern dürfen. Autobahnen sind in Deutschland, aber auch bei uns Eigentum der Allgemeinheit. Und dieses darf unter keinen Umständen an geldgierige Raffsäcke ausgeliefert werden.
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