Im vergangenen Jahr noch hatte sich Premierminister Manuel Valls nach den Grüßen an die Presse mit Worten «bis zum nächsten Jahr» verabschiedet. Statt Valls stand nun Bernard Cazeneuve als Premierminister am Rednerpult. Manuel Valls ist jetzt im Vorwahlkampf, Er will Kandidat der Sozialisten für das Amt des Staatspräsidenten zu werden.
Es ist kalt in Paris. Die echten minus 7 Grad fühlen sich wie minus 12 Grad im Wind an. Dennoch : Wer zum Neujahrsempfang des Premierminsters im «Hotel de Matignon» will, muss in der Rue de Varenne anstehen. Der Presseausweis und die Einladung werden kontrolliert. Danach geht es zu einem zweiten Kontrollposten. Der kontrolliert die Einladung, den Pass oder Personalausweis, den Presseausweis und hakt den Namen in einer Liste ab. Und wenn man dann durch ein Portal geschritten ist, vor dem Geldbörse Smartphone und alles, was Metall ist, aus den Hosentaschen, Jackentaschen oder auch Manteltaschen gefischt werden, wird man ftreundlich aufgefordert, durch den Hof in das Palais zu gehen. Sicherheit geht vor in Frankreich und der derzeitige Premierminister gehörte zuvor zu den beeindruckendsten Innenministern der fünften Republik.
Ruhestand ab Mai
Die Übung des Empfangs für die Mitglieder des Vereins der Ministerialpresse und die Auslandspresse in Paris wird Premierminister Cazeneuve nur einmal machen. Cazeneuve darf davon ausgehen, im Mai kommenden Jahres in den Ruhestand zu gehen. Er hat zumindest angekündigt, dass er mit dem Ende der laufenden Legislaturperiode aus der Politik ausscheiden und sich wieder als Rechtsanwalt niederlassen wird.
Genau da setzte die lockere Rede des Vorsitzenden des Vereins an. Ob man denn sicher sein könne, dass Cazeneuve wirklich ausscheiden werde und nicht in der kommenden Woche für irgend etwas kandidieren werde, fragt er und spielt auf Staatspräsident Hollande an. Der wird nicht nicht für eine zweite Amtszeit als Staatspräsident kandidieren. Allerdings tauchen nun Meldungen in der französischen Presse auf, dass er diese Entscheidung wieder bedauert. Immerhin ist sein Beliebtheitsgrad in Umfragen von füf Prozent noch vor wenigen Wochen jetzt auf 40 Prozent gestiegen. Und da könnte man doch . . .
Harte Zeiten
Cazeneuve steht regungslos neben dem Journalisten am Rednerpult, als der ihn zu dem Rekord beglückwünscht, der Ministepräsident mit der kürzesten Amtszeit von nur sechs oder sieben Monaten zu sein. Er bleibt auch regungslos, als der Redner der türkischen Journalisten gedenkt, die im Gefängnis sitzen und auf die Gefahren zu sprechen kommt, die Journalisten in Syrien auf sich nehmen, um aus dem Kriegsgebiet zu berichten.
Und dann versteigert sich der Vorsitzende des Vereins zu den Bemerkung, dass man auch an die US-Journalisten denken müsse, auf die mit dem neuen Präsidenten härtere Zeiten zukommen. Ganz so, als ob sich die USA nun von ihren demokratischen Grundsätzen verabschieden würden. Die Arbeit der US-Journalisten mit der von Journalisten in einer sich zu einer Diktatur verwandelnden Türkei oder einem Kriegsgebiet wie Syrien zu vergleichen, das hat schon was.
Die Pressehilfe
Die Presse sei in einem Staat nicht zu ersetzen, antwortet der Premierminister. Sie soll die öffentliche Debatte animieren und untermauern. Man brauche eine freie Presse. Zu erwarten sei allerdings, so Bernard Cazeneuve, dass sie mit Exaktheit berichte. Von der Presse sei zu erwarten, dass sie sich wichtigen Themen wie beispielsweise der Immigration oder wirtschaftlichen Themen widme und sie ausleuchte. «Die Freiheit der Presse», so Cazeneuve,»ist ein Schatz.»
Der Schatz muss wirtschaftlich allerdings von der Politik unterstützt werden. Derselbe Vorsitzende, der den Premierminister hart angegangen war, hatte gleichzietig von ihm erwartet, dass die französische Regierung die französische Presse stütze, weil es ihr schlecht ginge. Das jüngste Beispiel ist das linke politische Magazin Marianne, das Zahlungsunfähigkeit angemeldet hat (Link). Aber auch andere Organe mussten gestützt werden. Für Le Monde wurde eine neue Besitzerkonstellation gefunden wie auch für für die Tageszeitung Libération.
Rotwein und Stomprobleme
Frankreich werde seine Presse stützen und werde dieses Prinzip auch verteidigen, erklärte Cazeneuve. So sei der Mehrhwertsteuersatz von 2,1 Prozent für alle Medien gültig inclusive der Internetpresse und auch reinen Meinungsmedien.
Es ist kalt in Paris. Das Palais des Premierministers ist gut geheizt. Die Stromwarnung (Link), die ein Stromlieferant am Morgen noch per Internet verschickt hat, man möge Strom sparen, gilt für den Premierminister nicht. In dessen Palais spenden alle Kronleuchter Licht, obwohl die Sonne hell hinein scheint.
Umweltministerin Ségolène Royal hatte auch entgegen der vom Anbieter «Energie direct» per SMS verschickten Warnung behauptet, es gäbe keine Probleme. Wenige Minuten später hieß, dass die Versorgungslage mit Strom in Grenoble kritisch sei. Im gut geheizten und gut beleuchteten Hotel de Matignon spielt das keine Rolle. Der exzellente Rotwein und nicht weniger gute Weißwein erlauben noch einen Augenblick zum Gespräch ohne Schal und Handschuhe, bevor es wieder hinausgeht in gefühlte minus 12 Grad.
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