Was gab es doch für ein Jammern und Klagen unter europäischen Politikern, als der frisch gebackene US-Präsident Donald Trump zum wiederholten Male die NATO als „obsolet“ bezeichnete, den Brexit begrüßte und davon ausging, dass noch andere EU-Mitgliedstaaten dem Beispiel der Briten folgen würden. Es war kaum zu fassen, dass politisch Verantwortliche großer, aber auch weniger bedeutender EU-Staaten in Selbstzweifel über die eigenen Fähigkeiten und die des Kontinents ausbrachen und den Eindruck vermittelten, als hätten sie den Kompass verloren. Dem Vertrauen in die politischen Akteure und die Institutionen, die sie leiten, sowie in ihr Vermögen, die EU zusammenzuhalten, waren diese Reaktionen nicht gerade förderlich.
Immerhin, mittlerweile scheinen sich die meisten von ihnen wieder gefangen zu haben und bereit zu sein, die Herausforderungen anzunehmen, die sich durch den politischen Wechsel in Washington ergeben. Donald Trumps Wirken in den letzten Tagen müsste viele sogar darin bestärken. Auf militärischer Ebene wurde schon vieles angedacht, doch scheuen sich EU-Politiker noch, von einer europäischen Armee zu sprechen. Obwohl es letzten Endes auf eine solche hinauslaufen muss, wenn eine gemeinsame Verteidigungspolitik der EU-Staaten international ernst genommen werden und als eigenständiger Pfeiler neben der NATO gelten soll. Dabei waren die Gründerväter der Union bereits weiter, als sie Anfang der 1950er-Jahre die an Frankreich gescheiterte Europäische Verteidigungsgemeinschaft schaffen wollten. Für die Europäer ergeben sich bei näherer Betrachtung demnach neue Chancen, so denn die Bereitschaft für Veränderungen auch diesseits des Atlantiks vorhanden ist.
Doch ist die Verteidigungsfrage bei weitem nicht die dringlichste. Trump wird nicht von heute auf morgen das transatlantische Bündnis zersetzen. Von unmittelbar größerer Bedeutung ist jedoch das Beispiel, das der neue Herr im Weißen Haus gibt, wenn er mit aller Energie seine diskriminierende, menschenverachtende und selbstbezogene Politik in die Tat umsetzt. Und damit unter Umständen auch noch durchkommen sollte, wie es ihm bislang teilweise mit seinem Dekret zum Einreiseverbot von Muslimen gelungen ist.
Für Wähler in Europa, wo in diesem Jahr in verschiedenen Ländern bedeutende Urnengänge anstehen, lässt sich an den USA derzeit unter realen Bedingungen beobachten, was es bedeutet, wenn man sich für die scheinbar einfachen Lösungen eines Geert Wilders, einer Marine Le Pen oder Frauke Petry entscheidet. Denn auch die setzen auf Ausgrenzung, Abschottung und das Versprechen, nur durch die Rückbesinnung auf das Nationale könnten die negativen Aspekte der Globalisierung zum Wohle aller gemeistert werden.
Donald Trump war noch nicht einmal zwei Wochen am Werk, und es wird bereits deutlich, dass er sich auf einem selbstzerstörerischen Weg befindet, nicht so sehr für sich selbst, sondern vielmehr für das Land und die Menschen. Der konfrontativen Haltung des neuen US-Präsidenten können die EU-Europäer daher getrost ihr Modell einer solidarischen Zusammenarbeit entgegensetzen.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können