Wir stumpfen ab. Mit jedem Tweet, mit jeder Facebook-Notification und mit jedem Bericht über Donald Trumps Exzesse spielen wir das gefährliche Spiel des US-Präsidenten mit – aber auch jenes von Terrorgruppen wie dem IS. Während „The Donald“ dabei ist, die Gewaltentrennung in den USA aufzuweichen, freuen sich die Feinde liberaler Ordnungssysteme rund um den Globus. Spätestens seit dem „muslim ban“ ist klar, dass Trumps Team dabei ist, die Grenzen des Möglichen auszureizen. Ein wenig Kleptokratie, eine anständige Dosis Autoritarismus, eine mit allen Konventionen brechende sowie kontraproduktive Außenpolitik und ein unberechenbarer Beraterstab, der in Sphären vordringt, in denen er nichts verloren hat: All diese Elemente sind der Stoff, aus dem die autoritären Träume der Trump-Administration gemacht sind.
Dies mag für manche Beobachter übertrieben klingen. Allerdings zeigt die Polarisierung innerhalb der US-Institutionen, wie sehr die amerikanische Demokratie durch Trumps Putsch von oben unter Beschuss steht. Während sich zahlreiche Diplomaten des State Department gegen die Auswüchse der neuen Regierung wehren oder freiwillig das sinkende Schiff verlassen, gibt es auch jene Kräfte, die Trump scheinbar noch treu geblieben sind. So etwa das Department of Homeland Security (DHS), das am Wochenende zeigte, dass es sogar bereit ist, sich über die Befehle von Richtern hinwegzusetzen. Demnach gehört der von vielen wohl schnell herbeigewünschte Coup gegen Trump noch in die Kategorie Wunschdenken. Der US-Präsident verstand es etwa, die Wogen mit Blick auf die Geheimdienste früh genug zu glätten. Nachdem er diese offen und direkt attackiert hatte, zeigte er sich nach seinem Amtsantritt ein wenig versöhnlich und lobte die CIA bei seinem persönlichen Besuch in Langley. Dennoch bleibt die Frage, wie die Geheimdienste und die wichtigsten Sicherheitskreise der USA mit Trumps Mannschaft umgehen werden. Der kleine Beraterkreis ist übersichtlich, seine Entscheidungen brandgefährlich: Chefideologe Steve Bannon, Redenschreiber Stephen Miller, Stabschef Reince Priebus, Schwiegersohn Jared Kushner und Spindoctor Kellyanne Conway bauen sich gerade einen Parallelstaat auf. Die Frage ist deshalb weniger, ob ihre Politik Gehör findet, sondern vielmehr, ob sie in der Lage sind, den Staat nach ihren Vorstellungen umzugestalten. Der Hass gegen Muslime, Latinos, Afroamerikaner, LGBT, Wissenschaftler und die Medien wird Trump jedenfalls nicht zu Fall bringen. Auch nicht sein ungezügelter Geltungsdrang.
Bleiben drei Szenarien, die zu seinem Sturz führen könnten: 1) Ein Amtsenthebungsverfahren. Die meisten spekulieren hierauf. 2) Ein Putsch/Attentat. Dies wird davon abhängen, wie weit Trump geht und ob er das Sicherheits- und Intelligence-Establishment für sich gewinnt oder komplett gegen sich aufbringt. 3) Eine außenpolitische Katastrophe. Noch spielt Trump den Isolationismus-Trumpf. Allerdings muss er bald erste Schritte in Sachen Außenpolitik unternehmen. Ein falscher Schritt in Syrien oder in der Ukraine könnte ihn den Kopf kosten – und die Welt ins Chaos stürzen.
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