«Ein Roboter darf kein menschliches Wesen verletzen oder durch Untätigkeit zulassen, dass einem menschlichen Wesen Schaden zugefügt wird» – so lautet das erste Gesetz der «Grundregeln des Roboterdienstes». Isaac Asimov war seiner Zeit weit voraus, als er sie 1942 im Roman «Ich, der Roboter» niederschrieb. Am Donnerstag hat das Europaparlament mit einer Resolution deutlich gemacht, wie wenig die EU heute, über 70 Jahre später, auf Maschinen in unserem Alltag vorbereitet ist.
Derzeit sind weltweit etwa 1,7 Millionen Roboter im Einsatz: als computergesteuerte Fahrsysteme etwa, bei der automatisierten Fütterung und dem Melken von Kühen bis hin zum Einsatz am menschlichen Körper im Operationssaal. In einigen Ländern wie Belgien werden sie bereits versuchsweise in der Pflege und Versorgung von älteren und dementen Menschen eingesetzt. «Roboter spielen in unserem Alltag eine immer größere Rolle», sagte die Europaabgeordnete Julia Reda von den Piratenpartei der Nachrichtenagentur AFP. «Wenn nicht mehr alle Entscheidungen einer Maschine unmittelbar auf das Handeln einer Person zurückzuführen sind, muss geklärt werden, wer haftet, wenn etwas schief geht.»
Dramatischer Unfall
Im Mai 2016 hatte ein tödlicher Unfall mit einem autonom gesteuerten Fahrzeug im US-Staat Texas für Schlagzeilen gesorgt. Sensoren des Autos hatten im Autopilot-Modus einen ausscherenden Lkw nicht erkannt. Auch deshalb ruft das Parlament nun dazu auf, EU-weite Regeln zu Sicherheit schaffen. Gerade beim autonomen Fahren seien «harmonisierte Regeln dringend notwendig», heißt es in der Resolution. Bislang bestehen in der EU praktisch keine zivilrechtlichen Gesetze: Wer haftet bei derartigen Unfällen? Auch der Status von Robotern ist nicht definiert: Welche ethischen Regeln gelten für sie? Haben sie Rechte?
Der Bericht des Parlaments fordert dazu auf, langfristig zu prüfen, «einen speziellen legalen Status für die autonomsten Roboter als ‹elektrische Personen› zu schaffen», um sie vom Menschen zu differenzieren. «Ein Roboter ist kein Mensch und wird es nie sein», stellte die im EU-Parlament zuständige Berichterstatterin Mady Delvaux aus Luxemburg klar. Gerade selbstlernende Roboter, die einmal eigene Entscheidungen treffen sollen, müssen dem Ausschuss zufolge streng reglementiert werden. Konkret fordern die Abgeordneten eine Pflichtversicherung für Roboter – damit etwaige durch sie verursachte Schäden abgedeckt sind. Darüber hinaus sei es erforderlich, dass Ingenieure sich einem «Verhaltenskodex» unterwerfen. Beispielsweise dürften demnach keine Roboter geschaffen werden, die als Waffen verwendet werden können. Außerdem brauche es eine Notfallabschaltfunktion.
EU-Kommission sieht im Augenblick kein Handlungsbedarf
Gesetze vorschlagen kann in der EU nur die Kommission. Konkrete Neuerungen sind nach Auskunft eines Sprechers derzeit allerdings nicht vorgesehen. Aktuell werde jedoch eine bereits existierende Richtlinie zu Maschinen überprüft, die unter anderem den Schutz von Arbeitnehmern und Bürgern regelt.
Im Januar hatte die Behörde eine Strategie zum Aufbau einer Europäischen Datenwirtschaft veröffentlicht, in der auch die Haftung «für jeglichen durch einen Fehler von defekten Geräten oder Robotern verursachten Schaden» als noch zu lösendes Problem thematisiert wird. Dem Parlament geht das nicht weit genug: Die Abgeordneten fordern in ihrem Bericht die Schaffung einer eigenen Behörde «für Robotik und künstliche Intelligenz», um die Mitgliedstaaten mit «technischem, ethischem und regulatorischem Fachwissen» zu unterstützen. Auch die Auswirkungen auf die Wirtschaft müssten geprüft werden. Wenn Roboter immer mehr Tätigkeiten übernehmen, bleibe dies nicht ohne Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, fürchten die Abgeordneten.
Schriftsteller Asimov thematisierte in seinem Roman die Ängste im Zusammenhang mit Robotern – etwa, wie sie den Menschen langsam ersetzen. Und er hob auch die Unterschiede zwischen beiden hervor. Die Abgeordnete Delvaux hat sie aufgegriffen: «Ein Roboter kann Mitgefühl zeigen. Aber er kann selbst nicht fühlen.»
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