«Wir schreiben das Jahr 1982, eine Zeit, in der lange Haare in Luxemburg noch als Protestzeichen und von einigen auch als Lebensanschauung getragen wurden. Damals hatte Luke Haas, das (Anm. d. Red.: schon vor zwei Jahren verstorbene) Perpetuum mobile des Lux-Rock, in die Escher„Maison du Peuple“ geladen, um zwei Tage und Nächte lang alles, was damals im Lande auch nur halbwegs den Stallgeruch des Rock an sich hatte, auf eine Bühne zu schleppen.
Zu fortgeschrittener Stunde erschien dann ein ungewohntes Duo auf der Bühne, das es in dieser Form bisher noch nicht gegeben hatte: Marco Poggi und Jupp Schaeler, ersterer mit seiner Gitarre, der andere mit seinen Bongos. Und sie legten, unter anderem, auch eine langeVersion von Bob Dylans „All along the watchtower“ hin, die in die Luxemburger Rockgeschichte eingehen sollte.»
«Dass ich früher Bananen verkauft habe, weiß jeder!»
Mit diesen Zeilen beginnt ein zehn Jahre altes «Tageblatt»-Porträt über den am 1. Februar 1949 geborenen Vollblutmusiker Marco Poggi, der nun im Alter von 68 Jahren die irdische Bühne für immer verlassen hat. Seine Freunde nannten ihn «Pog» (ausgesprochen «Poutsch»), oder auch «Lupo».
Markenzeichen des 1,92 Meter großen Eschers war neben seinem prächtigen – erst schwarzen, dann grauen – Schnurrbart vor allem seine kräftige, sonore Stimme. «Dass ich früher Bananen verkauft habe, weiß jeder!“, erklärte er in besagtem Porträt, das von unserem Mitarbeiter Rom Fellens, der ebenfalls nicht mehr unter uns weilt, geschrieben wurde. «Das ist nicht besonders interessant“.
Hierzu muss man vielleicht heute erklären, dass Marco Poggi, den bereits von seinem Großvater ins Leben gerufenen Obst- und Gemüsgroßhandel in Esch übernommen hatte, der sich Ecke Rue Pasteur/Boulevard Prince Henri befand, und der infolge der wirtschaftlichen Veränderungen im Zeichen der Globalisierung in den 1990er Jahren in Konkurs ging.
Mit 13 ins Schweizer Internat
Doch drehen wir das Rad der Zeit weiter zurück. Als Marco 13 Jahre alt war, schickte ihn die Familie in ein Schweizer Internat. Und genau dort entdecke er seine Liebe zur Musik. Mit anderen Internatsschülern zusammen gründete er seine erste Band. Die hieß «The Saints» und spielte an den Wochenenden in der Schule Rockmusik.
«Dort sind wir aufgetreten und haben von „My generation“ bis „Like a Rolling Stone“ alles gebracht. Ich war damals 16 Jahre alt und habe Schlagzeug gespielt. Morgens um fünf sind wir dann wieder ins Internat zurückgekehrt und konnten eigentlich gleich zum Unterricht antreten.“
Marco Poggi schloss sein Studium mit einem Diplom in Wirtschaftswissenschaften ab und kehrte nach Luxemburg zurück. Aber er sollte nicht lange bleiben. Auf der Suche nach seinen Wurzeln zog es ihn nach Italien. Er besuchte Rom und Mailand und absolvierte dort ein Studium als Dolmetscher.
Nicht nur Musiker, auch Fotograf
Um sich das Studium finanzieren zu können – die Kurse fanden lediglich vormittags statt – arbeitete er nachmittags in einem großen Fotolabor. Dort kam er dann auch zu seiner weiteren großen Leidenschaft, der Fotografie. «Irgendwann schoss ich selbst erste Fotos, richtete mir in meiner Studentenbude ein kleines Fotolabor ein.» Er arbeitete für italienische Frauenzeitschriften, aber auch viel im Bereich der Produktfotografie für Unternehmen.
Im Rahmen dieser Aktivitäten lernte er eine Mexikanerin kennen, mit der er schließlich das südamerikanische Land bereisen sollte. Drei Monate, so erklärte er in dem Porträt von 2007, habe er dort verbracht und unter anderem eine Fotoreportage über die Huicholen, eine indigene Ethnie, realisiert. «Von den Indios habe ich viel gelernt, für’s Leben.“
Später folgten Aufenthalte u.a. in San Francisco, wo er Mitglied einer Band wurde, die im legendären Fillmore-Musiktempel auftrat. Er hatte inzwischen das Schlagzeug gegen die Gitarre eingetauscht. Die Band spielte als Vorgruppe u.a. für Konzerte von Eric Clapton oder auch Golden Earring.
Dann kam die «ernste Zeit»
Zurück in Luxemburg begann dann die «ernste Zeit». Die Gitarre wurde vorübergehend – für fast 20 Jahre… an den Nagel gehängt. Der Obst- und Gemüsehandel verlangte ihm zuviel Energie ab, als dass es zum Musizieren noch gereicht habe. Morgens um vier trafen Tag für Tag die ersten Lkws der Lieferanten ein. Es waren lange Tage. Doch, wie bereits erwähnt, musste der Betrieb irgendwann eingestellt werden.
Für Marco Poggi war das eine schwere Zeit, doch er sollte sich bald wieder fangen und besann sich erneut der Dinge, die ihm im Leben am meisten Freude bereitet hatten: der Fotografie, aber vor allem der Musik. Mit einigen Freunden gründete er seine letzte Band. Und die hieß, na klar: «Lupo & Friends». Mehrere CDs sind erschienen, etliche Konzerte gab es.
Goodbye Lupo! Und danke für die vielen schönen Momente!
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