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«Pecherten» dürfen bald einkassieren

«Pecherten» dürfen bald einkassieren
(Ifinzi)

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Die Gemeindeagenten erhalten mehr Kompetenzen. Sie dürfen demnächst für 24 Vergehen gebührenpflichtige Verwarnungen aussprechen und das Geld sofort einkassieren.

Lange wurde dafür gekämpft. Nun endlich macht Innenminister Dan Kersch ernst. Am Montag wurde der Gesetzentwurf in den zuständigen parlamentarischen Ausschüssen (Justiz und Inneres) vorgestellt. Der Text soll kurzfristig im Parlament deponiert werden, heißt es.

Worum geht es? Grosso modo um die Aufwertung der „agents municipaux“ zu kommunalen Ordnungsbeamten, die 24 sogenannte „incivilités“ direkt ahnden können. Bislang geht der Bericht der „Pecherten“ an die Polizei, die dann die Geldbußen ausspricht oder das Dossier weiter an die Staatsanwaltschaft leitet. Diese entscheidet dann, ob das Vergehen strafrechtlich verfolgt wird oder nicht. Wenn ja, dann fällt ein Richter eine Entscheidung. Jetzt können kleinere Vergehen direkt vom „Pechert“ mit einer Geldbuße (25 bis 250 Euro) geahndet werden. Sie werden dafür aus dem Strafgesetzbuch herausgenommen und zur „administrativen Strafe“. Diese kann entweder sofort per Bankkarte oder innerhalb einer Frist von acht Tagen bei der Gemeinde oder per Überweisung bezahlt werden.

«Einspruch»

„Pecherten“ mit Berufserfahrung, die bereits ein Promotionsexamen hinter sich hätten und zusätzlich eine spezielle, an Polizeiausbildung angelehnte Fortbildung absolviert hätten, könnten zum „Agent de police judiciaire“ werden, wurde gestern des Weiteren betont. Die Polizei dürfe natürlich weiterhin alle Vergehen verfolgen, so Dan Kersch, die Gemeindeagenten sollen sie lediglich entlasten. Die Gemeindeagenten dürfen jedoch nun auch Identitätskontrollen durchführen. Waffen bekommen sie aber keine. Sie würden nur in Selbstverteidigung trainiert, erklärte Kersch. Die Gemeinde bleibt für ihre Agenten verantwortlich.

Der Gesetzentwurf sieht auch Einspruchmöglichkeiten gegen die erhaltene Strafe vor. In erster Instanz wird der Einspruch an einen sogenannten „fonctionnaire sanctionnateur“ gerichtet. Dieser ist Jurist und ein Beamter im Innenministerium. Er hört beide Seiten an und entscheidet dann, ob die Strafe rechtens ist oder nicht. Ist man mit der Entscheidung dieses Beamten nicht einverstanden, kann man beim Verwaltungsgericht Einspruch einlegen. Hier kann man durch ein einfaches Schreiben (Brief, E-Mail …), das von einer Kopie des „Knöllchens“ begleitet wird, gegen die Strafe protestieren. Ein Anwalt ist bei diesem Rekurs nicht notwendig.

Vierte Kammer

Auch sei die gerichtliche Prozedur mündlich, betonte Justizminister Félix Braz am Montag. Beim Verwaltungsgericht wird extra zu diesem Zweck eine vierte Kammer geschaffen. Drei neue Richter werden eingestellt, die aber neben den Dossiers der „Pecherten“ auch andere Fälle behandeln werden. „So wird das Gericht verstärkt“, freut sich der Justizminister. Das Urteil über den Rekurs gegen den Beschluss des „fonctionnaire sanctionnateur“ wird aber von nur einem Richter gesprochen.

Innenminister Kersch erörterte gestern auch den Sinn des neuen Gesetzes. Es soll sicherstellen, dass die Bürger, die sich an die Regeln halten, nicht benachteiligt werden gegenüber jenen, die sich einen Kehricht um das Regelwerk scheren, betonte er. In diesem Sinne machte er auch einen Appell an die Gemeinden, sich ein Polizeireglement zu geben. Bisher haben etwa 40 Kommunen noch immer kein solches Regelwerk ausgearbeitet. Sie müssen dies jetzt tun und können in diesem Zusammenhang aus den 24 im Gesetzentwurf aufgezählten Vergehen frei jene aussuchen, die sie ahnden wollen. Sie haben gemäß der Gemeindeautonomie aber auch das Recht, zusätzliche Regeln aufzustellen, die sie auf ihrem Territorium gerne eingehalten wissen.

Die Karrieren der Gemeindeagenten würden nach Annahme des Gesetzentwurfs im Abgeordnetenhaus auch angepasst, um der neuen Realität Rechnung zu tragen, erklärte Kersch. Und auch die Ausbildung der „Pecherten“ werde verbessert. Dafür sei aber nicht sein Ministerium verantwortlich.

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