LTC, die London Taxi Company und der chinesische
Automobilriese Geely feierten am 22. März die offizielle Eröffnung des nagelneuen Werks Ansty bei Coventry in den englischen Midlands für das London Taxi der nächsten
Generation – einem Elektroauto mit Reichweitenverlängerer.
Bei der Optik gibt es wenig Veränderungen für das neue London Taxi. Es sieht wieder aus wie schon Generationen von Taxis zuvor, die die Straßen Londons beleben und durch unzählig viele Filme gerollt sind. Die Welt weiß, wie ein Londoner Taxi aussieht. Da wäre es selbstmörderisch, das Aussehen zu ändern, zumal in diesem Fall – für jedermann erkennbar – die Form nun wirklich der Funktion folgt. Und natürlich bleibt es auch bei der Farbe Schwarz, den sechs Sitzplätzen, dem mühelosen Einsteigen dank großer Fahrzeughöhe und der großen Wendigkeit.
Neukonstruktion, alter Look
Aber sonst ist alles neu. Nicht eine Schraube habe man vom Vorgänger übernommen, das Auto ist eine komplette Neukonstruktion. Dazu eine kleine Anekdote: Als Geely den alten Hersteller Emerald übernahm, beschäftigte
der einen einzigen Ingenieur. Heute sind 200 der rund 1000 Mitarbeiter in dem neuen Werk Entwickler und Konstrukteure. Ein halbes Jahr habe die neue Mannschaft gebraucht, um das Konzept für den Neuen zu entwickelt, und nach weiteren elf Monaten sei bereits der erste Demonstrator gefahren.
Die kurzen Entwicklungszeiten erklären sich nicht nur durch die Qualität der britischen Ingenieure.
Aus dem Konzernregal von Volvo
Bei London Taxi konnten sich die Planer und Entwickler im Konzernregal bedienen, was nicht nur Zeit sparte. Viele Komponenten des elektrischen Antriebs habe Volvo bereitstellen können: Dazu gehört auch der Range-Extender-Motor von 60 kW / 80 PS mit drei Zylindern, entstanden aus dem aktuellen Volvo-Vierzylinder. Der Elektromotor/Generator soll Leistung genug für eine Höchstgeschwindigkeit von 80 Meilen pro Stunde (etwa 130 km/h) anbieten. Das ist schneller als die Polizei auf dem
britischen Motorway erlaubt.
8700 Euro Zuschuss pro Taxi
Die Lithiumionenbatterie von LG-Chem soll eine rein elektrische Reichweite von deutlich über 100 Meilen, also mehr als 160 km, erlauben. Für einen Taxi-Alltag reicht das. Wer mehr braucht, bekommt den Fahrstrom über den Range Extender.
Solche Architekturen kennen wir schon. Doch im Vergleich dazu sollen die Total Cost of Ownerschip (TCO) revolutionär ausfallen, die Kosten von der „Wiege bis zu Bare“ und darüber hinaus in ein zweites Leben. Carl-Peter Forster, CEO von LTC, bestätigt selbstsicher lächelnd, das London Taxis sei bei TCO deutlich billiger. Das liege nicht nur am staatlichen Zuschuss in Höhe von 7500 Britischen Pfund (knapp 8700 Euro) pro Taxi. Und Forster
setzt noch einen drauf, indem er auf die Wirtschaftlichkeit der Investition in Ansty zu sprechen kommt. Die werde hier erheblich schneller erreicht als bei einer normalen Autofabrik. LTC müsse erstaunlich wenige Autos verkaufen, um Geld zu verdienen.
Erste neue Autofabrik seit 10 Jahren
Das Management legt Wert auf drei Feststellungen: Die Fabrik in Ansty sei seit rund einem Jahrzehnt die erste neue Autofabrik in Großbritannien. Es sei die erste Fabrik, in der nur Elektrofahrzeuge gebaut werden und die erste chinesische Direktinvestition in die britische Automobilindustrie dar.
300 Millionen Britische Pfund (etwa 350 Millionen Euro) hatte Li Shufu, Gründer und Chef des chinesischen Automobilherstellers Geely, bisher für die neue Fabrik in die Hand
genommen.
Auch ein leichtes Nutzfahrzeug
Nun kommen noch einmal 25 Millionen Britische Pfund (etwa 29 Millionen Euro) für ein leichtes Nutzfahrzeug dazu. Die Plattform des London Taxis eignet sich eben auch für andere Fahrzeuge. Es sei sehr einfach, andere Aufbauten dafür zu entwickeln, sagt Forster. Im Blick haben die britischen Chinesen also nicht nur den Personentransport, sondern gleich das gesamte Logistiksystem für die Stadt der Zukunft, die sogenannte Letzte Meile.
Geely wird also auf seinem Weg weitergehen, den es mit Volvo begonnen hat. Die Marken behalten nicht nur ihre Selbstständigkeit, sondern erhalten auch die Mittel für Wachstum.
Und so wie in China ein Werk für Volvos entsteht, so wird sicher auch eines für das London Taxi und seine Derivate in China geplant. Doch zunächst muss in Ansty alles klappen. Die Kapazität liegt bei mehr als 20 000 Fahrzeugen in Jahr, von denen man viele ab 2018 exportieren will.
Der Brexit und seine Folgen auf den Kurs des Britischen Pfunds
und mögliche Zölle sehen die Verantwortlichen zurzeit noch mit bemerkenswerter Gelassenheit.
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