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75 Jahre Hand in Hand

75 Jahre Hand in Hand

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In Zeiten von sehr hohen Scheidungsraten fragen sich viele, wo die Liebe hin ist. Als Gegenbeispiel dazu gibt es das Ehepaar Beaufils, das seit 75 Jahren miteinander glücklich ist.

Kronjuwelenhochzeit können nicht viele Ehepaare feiern. Umso schöner ist es dann, wenn zwei Menschen es auf ein Dreivierteljahrhundert bringen. Seit ein paar Monaten wohnen Pierre (101) und Margot (95) Beaufils zusammen im Servior-CIPA in Esch/Alzette. Eine Ehe, die Außenstehende durchaus als die große Liebe bezeichnen.

Auf die Frage, wie sie es geschafft haben, so lange zusammen zu bleiben, antwortete Margot einfach: „Wir haben uns nur ein bisschen gestritten und nicht zu viel. Außerdem hat er nach dem Tod seiner Mutter eine Köchin gebraucht“, schmunzelte sie.
Die beiden haben sich Anfang der 1940er-Jahre kennengelernt, da ihre Eltern miteinander befreundet waren. Er war damals 26, sie 20 Jahre alt. Margot Beaufils, damals noch Schmit, war bereits für den Bund Deutscher Mädel gemustert worden. Nur durch die Heirat konnte ihre Rekrutierung verhindert werden.

Deswegen haben die beiden recht schnell geheiratet: Am 6. April 1942 sind sie in der Schifflinger Kirche, die sich zu der Zeit im damaligen „Veräinshaus“ befand, vor den Traualtar getreten, vier Wochen nach der standesamtlichen Trauung. „Da haben wir uns einen Monat lang geplagt. Wir durften ja noch nicht zusammen wohnen, solange wir noch nicht in der Kirche geheiratet hatten“, erzählte der für sein Alter noch sehr fitte Rentner im Gespräch. Also musste Margot nachts wieder in ihr Elternhaus zurück. Nach der kirchlichen Hochzeit sind sie dann zusammengezogen. Zuerst in ein Haus hinter der St.-Joseph-Kirche, später dann in die rue du Nord, wo sie 66 Jahre lang wohnten.

Wie im Flug

Pierre hat 42 Jahre lang als Briefträger „op der Post“ in drei Schichten gearbeitet. Er war jedoch nicht nur im Außendienst tätig, sondern auch im Büro, wenn Not am Mann war. Als Fußballfan war er öfters im Stadion: „Ich war nie ein fanatischer Fußballfan, aber wenn ich mich entscheiden muss, dann bin ich eher für die Jeunesse.“ Abends nach der Arbeit sind die beiden öfters mit Freunden Kegeln gegangen. Margot, die im März ihren 95. Geburtstag gefeiert hat, war für den Haushalt zuständig.
Pierre sieht seine Margot immer noch als junge Frau: „Hatt ass e jonkt Kand fir mech.“ Er selbst, der zwei Weltkriege überlebt hat, fühlt sich noch nicht so alt: „Auf einmal sind 100 Jahre um.“ Pierre Beaufils hält sich stets auf dem Laufenden: Er interessiert sich für die aktuelle Politik und das Tagesgeschehen.

Demnach hat er sich seine Meinung zur aktuellen Luxemburger Regierung gebildet: Er ist mit ihr zufrieden. „Das hätte man nicht erwartet. Es muss nicht immer dieselbe Partei an der Macht sein.“ Bei den nächsten Gemeindewahlen im Oktober will er auch seinen Stimmzettel abgeben, „wenn ich dann noch so fit bin wie heute“. Welcher Partei er seine Stimme geben wird, wollte er allerdings nicht verraten. Nach all den Jahren umzuziehen, war nicht einfach, aber die beiden fühlen sich wohl in ihrem neuen Zuhause: „Wir werden gut versorgt“, erklärte Pierre. Ihre Tage lassen sie jetzt ruhiger angehen. Nach dem Essen gibt es einen Mittagsschlaf und dann wird, wenn das Wetter es zulässt, ein kleiner Spaziergang gemacht. Pierre ist immer noch gut zu Fuß. Nur sein Augenlicht macht ihm zu schaffen. Margot benutzt eine Gehhilfe.
Neben der „Amicale“ des Seniorenheims Servior hat auch die Gemeinde das Ehepaar zu seinem Jubiläum beglückwünscht.