Das peinlich-blamable technische Intermezzo während der gestrigen Regierungserklärung zur wirtschaftlichen, sozialen und finanziellen Lage des Landes oder besser, im Anschluss an die ersten 15 Minuten von Bettels Rede (den Rest wird er heute Morgen vorlesen), wird in dieser Ausgabe ausführlich beleuchtet (Seiten 2, 3 und nebenstehender Kommentar).
Wir wollen uns an dieser Stelle eher mit dem Inhalt der diesmal etappenweise vorgetragenen Erklärung befassen.
Viel Richtiges, aber auch viel Selbstverständliches findet sich in der Erklärung wieder, die ohne die oben erwähnte Panne sicherlich nicht zu den schlechtesten gehörte, die eine Luxemburger Regierung formulierte. Die echten, nervtötenden Probleme des Großherzogtums – allen voran die angespannte Wohnungssituation und die zeitraubende und nervenaufreibende Mobilitätslage – nehmen einen breiten Raum ein.
Demografie, Entwicklung der Grenzgängerzahlen werden ebenso behandelt wie die wirtschaftlichen Entwicklungsprognosen. Hier nimmt die Regierung so manches vorweg, was der aufwendig inszenierte Rifkin-Prozess eigentlich definieren sollte.
Nationales Zentrum für olympische Sportarten
Dass Forschung und Technologie eine wichtige Rolle bei dieser Entwicklung spielen sollen und bereits viel Geld und Glasfasertechnik in die digitale Entwicklung investiert wurde, rutschte gestern allerdings – ob der digitalen Panne – leider in die Kategorie Treppenwitz ab. Dennoch wird dieser gewonnene Vorsprung auf europäische Nachbarländer sich wohl in nicht allzu ferner Zukunft rechnen, ebenso wie die Investitionen in Umwelt- und Klimaprojekte, die sich seit Anfang der Legislatur (2013) fast verdreifacht haben.
Bildung ist ein weiteres zukunftsorientiertes Feld und in diesem Bereich hat die Erklärung den unbestreitbaren Nutzen, dass sie die komplexen Zusammenhänge der diversen und zahlreichen Reformen, die nicht immer leicht nachzuvollziehen sind, im Zusammenhang erläutert und in einen Kontext mit den Erziehungszulagen und anderen familienpolitischen Maßnahmen stellt. Auch wenn wohl nicht alle von den entsprechenden Methoden von Blau-Rot-Grün überzeugt werden können; über das erklärte Ziel der Regierung, „Chancengleichheit für alle Kinder in Luxemburg“, dürfte Konsens herrschen.
Renaissance des Sozialdialogs
Weitere aktuelle Themen wie die Reform der Agrarpolitik, der neue Spitalplan und sogar die Idee eines nationalen Zentrums für olympische Sportarten werden in dem 54-seitigen Überblick auf die Landespolitik behandelt.
Sogar die Kriminalität nimmt unter dieser Regierung ab, ist zu erfahren, die Aufklärungsquote von Verbrechen steigt, so das Papier mit einigem PR-Flair in eigener Sache (die anstehenden Wahlen werfen zweifellos ihre Schatten voraus).
Dass Bettel heute Morgen die Renaissance des Sozialdialogs beschwören wird, die gelungen sei, ist dabei allerdings nur ein Teil einer leicht verklärten Wahrheit. Immerhin riskiert Luxemburg immer noch einen Streik im gesellschaftlich wesentlichen Sozialsektor. Hierüber kein Wort; jedenfalls nicht in der Urversion der Erklärung …
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