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Mängel beim Verkauf

Mängel beim Verkauf
(Thomas Frey)

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Nach Ansicht der obersten Rechnungsprüfer von Rheinland-Pfalz hätte jeder Beteiligte beim ersten gescheiterten Verkauf des Flughafens Hahn 2016 erkennen können, dass der chinesische Bieter dubios war. Der Rechnungshof sieht Pflichtverletzungen beim Innenministerium.

Geschichte wiederholt sich nicht – oder manchmal doch? Der rheinland-pfälzische Rechnungshofpräsident Klaus Behnke überreicht am Montag in Mainz ein vernichtendes Gutachten für ein Großprojekt der Landesregierung. Auf 97 Seiten listen die Prüfer auf, wie sich das Innenministerium 2016 von der mutmaßlich betrügerischen Firma Shanghai Yiqian Trading (SYT) beim Verkauf des Hunsrück-Flughafens Hahn blauäugig über den Tisch ziehen ließ, der bisher zum Großteil Rheinland-Pfalz, zum kleinen Teil Hessen gehört.

Erst im letzten Moment zieht die Regierung die Reißleine und rettet viel Steuergeld. 2014 kritisierte der Rechnungshof bereits die gescheiterte Privatfinanzierung des Nürburgring-Ausbaus. Damals ging bis zu eine halbe Milliarde Euro Steuergeld verloren. Das neue Gutachten hält der Regierung von Malu Dreyer (SPD) aber zahlreiche schwere Versäumnisse vor. Der Rechnungshof kritisiert, dass das Innenministerium den Käufer nicht selbst unter die Lupe genommen und auch zu wenig geprüft habe.

Konversionsprojekt

«Das Land wollte sein größtes und wichtigstes Konversionsprojekt, von dem zahlreiche Arbeitsplätze in der Region abhängen, an einen Investor verkaufen und ihm Beihilfen in zweistelliger Millionenhöhe zahlen, prüfte aber die Unterlagen nicht selbst», heißt es im Bericht. Es habe auch die Beraterfirma KPMG nicht näher prüfen lassen – die der Rechnungshof nicht beim Namen nennt. Nach Ansicht der Behörde wäre es «die Pflicht des Innenministeriums gewesen», alle im Januar 2016 drei verbliebenen Kaufangebote für den Flughafen auf Plausibilität zu prüfen und sie selbst zu bewerten. «Die Letztverantwortung lag und blieb beim Land.»

Die Prüfer kommen zu dem Schluss, dass nach Vorlage der Geschäftszahlen des chinesischen Käufers jedem Beteiligten hätte klar sein müssen, «dass SYT selbst nicht in der Lage sein würde, den Kauf zu finanzieren sowie den Flughafen Frankfurt-Hahn fortzuführen und weiterzuentwickeln». Die Zahlen unter Berufung auf die Auskunftei Creditreform geben für 2015 liquide Mittel von 2.100 Euro und Jahresfehlbeträge von 3.800 Euro an. Der Rechnungshof hält es unverständlich, dass das Land wegen der Bedeutung des Verkaufs, angesichts von Warnhinweisen zu Geschäften mit chinesischen Partnern und den negativen Erfahrungen beim Nürburgring nicht alle Möglichkeiten nutzte, um Leistungsfähigkeit und Bonität aufzuklären.

Lewentz weist Vorwürfe zurück

Innenminister Roger Lewentz (SPD) räumt Fehler ein, betont aber, die Regierung habe zu keinem Zeitpunkt die Absicht gehabt, einen Vertrag mit einem unseriösen Geschäftspartner zu schließen, der nicht die nötige Bonität habe. Sie habe externe Berater einbezogen und die Sicherungsmechanismen zum Schutz des Landes hätten gegriffen. Er weist zurück, dass zu wenig geprüft wurde. Dennoch sagt Lewentz: «Wir haben aus Versäumnissen gelernt.» Dazu zählt er eine Sicherheitsleistung der Interessenten und die Hinterlegung des Kaufpreises vor Vertragsunterzeichnung.

Laut dem Gutachten zeigte SYT von Anfang an Auffälligkeiten, die genaueres Prüfen nötig gemacht hätten: etwa das Stammkapital von nur 14.000 Euro, ständig wechselnde Verantwortliche. «Bis zuletzt blieb unklar, wer die Gesellschafter und ob diese auch wirtschaftliche Eigentümer von SYT waren», heißt es. Und: «Die Businesspläne, die angegebenen Kontakte sowie die Investitionsplanungen waren schon bei kursorischer Prüfung weder realistisch noch nachvollziehbar.»

Hinweise ignoriert

Das Finanzministerium habe wiederholt auf Ungereimtheiten hingewiesen, das Innenministerium aber unzureichend reagiert, zählt der Bericht auf. Und das FDP-geführte Wirtschaftsressort hatte Vorbehalte und bat um weitergehende Recherchen über den wirtschaftlichen und finanziellen Hintergrund der Investoren und Partner. Stutzig hätte dem Gutachten zufolge auch die angebliche SYT-Bankgarantie über 200 Milliarden US-Dollar machen müssen, «da weltweit keine Einzelperson bekannt ist, die ein derart hohes Vermögen besitzt».

Mehr als 400 Aktenordner und viele Dateien haben die Speyerer Kontrolleure ausgewertet. Manche Fragen seien offen geblieben wegen unterschiedlicher Darstellungen seitens der Regierung und ihrer Beratungsgesellschaft, sagt Behnke. Landtagspräsident Hendrik Hering (SPD) nimmt den Bericht am Montag entgegen – sein erster Termin nach dem Osterurlaub. Nein, am SYT-Standort Schanghai sei er nicht gewesen, sondern auf Mallorca.

Entscheidung am Mittwoch

An diesem Mittwoch (26. April) entscheidet der Mainzer Landtag über den im zweiten Anlauf unterzeichneten Verkauf der rheinland-pfälzischen Hahn-Anteile (82,5 Prozent) an eine Firma, die zum großen chinesischen Luftfahrtkonzern HNA gehört. Hessen hatte den Verkauf seines Anteils von 17,5 Prozent an dem defizitären Flughafen an die pfälzische Firma ADC wegen eines Gesellschafterwechsels verschoben.

Die oppositionelle AfD fordert für den gescheiterten ersten Versuch einen Untersuchungsausschuss und personelle Konsequenzen. «Die SYT war von Anfang an offensichtlich als unseriös erkennbar», kritisiert der parlamentarische Geschäftsführer Jan Bollinger. Die CDU-Opposition sieht sich in ihrer Kritik bestätigt. «Die Regierung von Frau Dreyer hat eklatante Fehler gemacht und jegliche Sorgfaltspflicht vermissen lassen», sagt der parlamentarische Geschäftsführer Martin Brandl. Über ihr weiteres Vorgehen will die CDU in den kommenden Tagen beraten.