Man kann die aktuelle Koalition mögen oder auch nicht. Gesellschaftspolitisch jedenfalls macht sie ihre Hausaufgaben und bringt das Land voran in Richtung Moderne. Jüngstes Beispiel ist ein Gesetzesprojekt, das Justizminister Felix Braz vergangene Woche vorstellte. Vielen mag es seltsam erscheinen, dass Männer oder Frauen sich als solche fühlen, allerdings die körperlichen Merkmale des anderen Geschlechtes haben.
Geschlechtsumwandlungen oder hormonelle Behandlungen sind medizinische Antworten auf das körperliche Dilemma; allerdings ist dies nur ein Aspekt zur Lösung der doch recht dramatischen Lage, mit der die Betroffenen zurechtkommen müssen. Eine OP ändert nichts am „Etat civil“. Der standesamtlichen Umwandlung (vom Mann zur Frau oder von der Frau zum Mann) und der eventuellen Änderung des Vornamens ging bislang ein Gerichtsurteil voraus. Die Richter stützten sich hierfür auf medizinische bzw. psychiatrische Gutachten. Die Anfrage beim Bezirksgericht dauert und es gibt dabei eigentlich keinen Grund, weshalb das Selbstbestimmungsrecht nicht für Transgender-Personen gelten soll.
Mit der Reform wird die offizielle Änderung des Geschlechtes nun zum administrativen Akt vereinfacht.
Wer sein Geschlecht aktenmäßig ändern möchte, schreibt künftig an den Justizminister, die Antwort kommt im Prinzip postwendend (selbstredend sind einige Sicherungen vorgesehen, um Unfug zu vermeiden; so muss der Antragsteller im Ministerium vorstellig werden). Die Entscheidungen werden nicht mehr im „Mémorial“ publiziert; diese diskrete Vorgehensweise wurde wie andere Aspekte des Textes in Zusammenarbeit mit der „Intersex und Transgender asbl“ ausgearbeitet, die sich denn auch äußerst positiv zur Reform äußerte.
Doch die Regierung will auch jenen Menschen helfen, die kein eindeutiges Geschlecht haben. Kinder, die ohne klare Geschlechtsmerkmale zur Welt kommen, wurden bislang in eine der beiden Kategorien männlich oder weiblich gezwängt. Es soll künftig eine dritte Möglichkeit in die Identitätspapiere aufgenommen werden können. Wie diese Regelung genau aussehen wird, damit beschäftigt sich zurzeit eine Arbeitsgruppe. Diese dritte Wahl wird nicht in das oben genannte Gesetz eingeschrieben, sondern später (aber noch in dieser Legislatur) vom Gesetzgeber geregelt werden.
Immerhin nahm Braz diese überfälligen Vereinfachungen in Angriff; schätzungsweise 3.700 Menschen sind in Luxemburg von der Transgender-Problematik betroffen. Auch wenn nicht alle das reformierte Gesetz in Anspruch nehmen werden, so wird es doch vielen helfen.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können