«Warum nicht gleich in Schweinehälften», schrieb ein Leser ins Kommentarforum von «t3n». Das Online-Magazin mit Sitz in Hannover hatte kurz zuvor mitgeteilt, als erster deutscher Arbeitgeber seine Mitarbeiter zum Teil in Bitcoins auszahlen zu wollen. Keine große Summe, lediglich so viel, dass man es sich einmal im Monat in einem ausgewählten Café oder Burger-Laden gut gehen lassen konnte.
Im Vergleich zum Handel mit Schweinehälften, der schon seit ewigen Zeiten an den Börsen stattfindet, gehört der Bitcoin eher zu den jüngeren Markttrends. 2008 erlebte die Kryptowährung ihre Geburtsstunde, zwei Jahre später soll der erste Handel damit stattgefunden haben. Angeblich hat ein Programmierer damals 10.000 Bitcoins gegen zwei Pizzen getauscht.
Teurer als Gold
Nimmt man den aktuellen Wert, so wären das heute mehr als 20 Millionen Dollar. Denn am Wochenende ist der Bitcoin erstmals über die Marke von 2.000 US-Dollar gesprungen, zum Wochenstart waren es dann sogar mehr als 2.100 Dollar. Zum Vergleich: Eine Feinunze Gold kostete zuletzt rund 1.250 Dollar. Dass hiermit noch lange nicht das Ende der Fahnenstange erreicht ist, glauben viele. Gleichzeitig gibt es Stimmen, die vor den starken Schwankungen und der Gefahr eines Einbruchs warnen – in Deutschland nicht zuletzt die Bundesbank.
Als Gründe für den Anstieg werden derzeit vornehmlich Japan und die US-amerikanische Börsenaufsicht ins Feld geführt. Während die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt den Bitcoin Anfang April zu einem offiziellen Zahlungsmittel erklärt hat, steht die SEC womöglich kurz davor, erstmals einen auf Bitcoins basierenden Indexfonds zuzulassen. Es ist bereits der zweite Anlauf der Winklevoss-Zwillinge, die ihre Prominenz hauptsächlich durch die Behauptung erlangten, die eigentlichen Erfinder von Facebook zu sein. Noch im März hatte die Börsenaufsicht ihrem Fonds eine Absage erteilt. Nun ist die Hoffnung in der Kryptogemeinde groß, endlich den lang ersehnten Durchbruch zu schaffen.
Zu früh dran
Dass dieser bislang ausgeblieben ist, zeigt der enttäuschende Ausgang des t3n-Experiments, das vor gut einem Jahr angelaufen war. Trotz der enormen Kursgewinne mussten die Bitcoin-Zahlungen jüngst eingestellt werden. Der mobile Bezahldienst pey.de, über den die Mitarbeiter einen Teil ihres Gehalts in Bitcoins bekamen, hat den entsprechenden Service mangels Nachfrage aufgegeben. Gern hätten sie weitergemacht, erzählt der Gründer und Geschäftsführer von t3n, Andreas Lenz. Die Mitarbeiter seien sehr zufrieden gewesen, der Bitcoin in den Pausen immer ein gutes Gesprächsthema. Allein ihre Vorreiterschaft wurde ihnen zum Verhängnis.
«Ihr seid drei Jahre zu früh dran», erinnert sich Lenz an die Worte eines der pey.de-Chefs. Es gebe einfach noch nicht genug «Freaks» wie ihn, die sich damit auseinandersetzten. Der klassische Unternehmer – ein Malermeister oder ein Tischler etwa – interessiere sich «nicht die Bohne für eine Bitcoin-Schenkung an seine Mitarbeiter, weil er gar nicht checkt, was das ist.»Lenz dagegen wollte, dass seine Mitarbeiter von Anfang an checken, worum es bei dem Krypto-Hype geht. «Für mich ist das, was da passiert, krasser als der Goldrausch», sagt er.
Keine staatlichen Kontrollen
Was den Bitcoin von einer klassischen Währung unterscheidet? Es gibt keine staatlichen Kontrollen. Auch braucht es keine Banken, was die Sache in vielen Fällen verhältnismäßig günstig macht. Während man für eine Auslandsüberweisung über ein traditionelles Kreditinstitut schnell einen zweistelligen Euro-Betrag zahlt, kann man beim Bitcoin im besten Falle schon mit Cent-Beträgen davonkommen. Allerdings kann die Gebühr für eine Transaktion je nach gewünschter Abwicklungsgeschwindigkeit mittlerweile auch deutlich darüber liegen.
Trotz all der Vorteile finden sich in Deutschland laut dem Branchenportal «btc-echo» bislang nur etwas über hundert Unternehmen, die den Bitcoin als Zahlungsmittel akzeptieren. In Österreich und der Schweiz sind es zusammengerechnet knapp 20 Firmen. Fragt man bei den Anbietern nach, wie oft es vorkommt, dass ein Kunde mit virtuellem Geld bezahlt, so erhält man häufig die gleiche Antwort: Kaum.
«Spekulationsobjekt»
Bei Keycoon etwa, einem Frankfurter Onlineshop für 3D-Drucker-Zubehör, passiere das in nicht einmal einem Prozent aller Fälle, berichtet Geschäftsführer Deniz Isik. Wenig anders sieht es bei 4electric aus, einem Zulieferer von Ladezubehör für Elektroautos, ebenfalls aus Frankfurt. Auch hier habe man sich vielmehr aus Überzeugung für den Bitcoin entschieden, heißt es vom Inhaber. Bei der Fotografin Katrin Probst war es der Ehemann, der die Idee hatte, Bitcoins als Zahlungsoption anzubieten. «Er ist ein Nerd», erzählt sie augenzwinkernd. Bisher habe aber noch niemand von der Zahlungsmöglichkeit Gebrauch gemacht. «Vielleicht ist das bei mir die falsche Zielgruppe.»
Vielleicht ist es aber auch die kollektive Angst vor der starken Volatilität, die mit der Angreifbarkeit digitaler Währungen einhergeht. Tatsächlich gab es seit 2014 mehrere markante Einbrüche, meistens als Folge von Hackerangriffen auf große Krypto-Tauschbörsen, wie MtGox oder BitFinex. Erst vor ein paar Tagen hatte Bundesbank-Vorstandsmitglied Carl-Ludwig Thiele seine Warnung wiederholt, der Bitcoin sei «kein geeignetes Medium», um Werte aufzubewahren. Vielmehr handele es sich hierbei um ein «Spekulationsobjekt», dessen Wert sich rapide verändere.
Die Japaner scheinen das aber anders zu sehen: Mit dem Billigflieger Peach Aviation akzeptiert die erste japanische Fluggesellschaft den Bitcoin. Die ersten Tickets können zum Ende des Jahres mit der Kryptowährung gekauft werden, teilte die Airline am Montag mit. Peach Aviation will damit Kunden aus dem restlichen Asien anlocken.
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