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Alle drei Täter identifiziert

Alle drei Täter identifiziert
(AFP/odd Andersen)

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Acht Minuten nach den ersten Notrufen erschießen Polizisten die Terroristen. Drei Tage später sind die Täter identifiziert. Dennoch gibt es plötzlich Kritik.

Drei Tage nach dem Terroranschlag in London hat die Polizei alle Täter identifiziert – und gerät wegen möglicher Fehleinschätzungen ihrer Gefährlichkeit unter Druck. Denn einer der Täter, der aus Pakistan stammende Brite Khuram Shazad Butt, war den Behörden und der Öffentlichkeit als radikaler Islamist und Anhänger der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) bekannt. Angesichts der Kritik rief Premierministerin Theresa May zwei Tage vor der Parlamentswahl die Sicherheitskräfte am Dienstag zur Aufarbeitung des Einsatzes auf.

Als dritten Täter identifizierte Scotland Yard am Dienstag den 22-jährigen Joussef Zaghba. Der Italiener marokkanischer Herkunft habe zuletzt im Osten Londons gelebt; seine Familie sei informiert. Anders als in italienischen Medien berichtet wurde, sei Zaghba weder der Polizei noch dem Inlandsgeheimdienst MI5 bekannt gewesen, hieß es. Nach einem Bericht des «Corriere della Sera» (Dienstag) soll Zaghba im März 2016 am Flughafen von Bologna von der Polizei festgehalten worden sein, als er einen Flug in die Türkei nehmen und weiter nach Syrien reisen wollte.

Neben dem 27-jährigen Butt hatte die Polizei am Montag bereits den 30 Jahre alten Marokkaner Rachid Redouane als Täter genannt, der sich auch als Libyer ausgegeben habe. Butt hatte seine Gesinnung nicht verborgen und sogar in einer TV-Dokumentation mit einer IS-Fahne posiert. Großbritanniens Anti-Terror-Chef Mark Rowley teilte mit, der Mann sei damals überprüft worden. Aber die Behörden hätten keine Belege gefunden, dass er einen Anschlag plane. Daraufhin sei der in Pakistan geborenen Briten als nachrangig eingestuft worden.

Radikale Islamisten

Trotz seiner Verbindungen zu radikalen Islamisten arbeitete Butt von Mai bis Oktober 2016 für die Londoner U-Bahn. Die Zeitung «The Times» berichtete, Butt habe Verbindungen zu einem der Attentäter des Londoner Terroranschlags vom 7. Juli 2005, bei dem Dutzende Menschen getötet worden waren, sowie zu einem bekannten Hassprediger gehabt.

Außenminister Boris Johnson zeigte in der BBC Verständnis für kritische Fragen, «wie diese Person durch unser Netz schlüpfen konnte». Er betonte aber, die Verantwortung für den Anschlag liege bei den Terroristen. Ähnlich äußerte sich der Londoner Bürgermeister Sadiq Khan. Er warnte aber auch vor neuen Kürzungen bei der Polizei, wenn May die Wahl an diesem Donnerstag gewinnen sollte. Kritiker werfen der Regierungschefin vor, sie trage aus ihrer Zeit als Innenministerin eine Mitverantwortung dafür, dass es heute 20 000 Stellen weniger bei der Polizei gebe als 2010.

Butt war verheiratet und hatte zwei Kinder. Er lebte im Ostlondoner Stadtteil Barking wie auch sein Komplize Rachid Redouane. Der 30-Jährige Redouane hatte eine kleine Tochter mit einer 38-jährigen Frau, die unterschiedlichen Berichten zufolge aus Irland oder Schottland stammt. Er war der Polizei offenbar nicht bekannt.

Die drei Terroristen hatten am Samstagabend auf der London Bridge und am nahen Borough Market mindestens sieben Menschen getötet und zahlreiche weitere verletzt. Acht Minuten nach dem ersten Notruf wurden sie am Tatort von der Polizei erschossen.

Noch immer liegen mehr als 30 Verletzte in Krankenhäusern, dabei befanden sich am Dienstag noch 15 in kritischem Zustand. Mehrere Menschen wurden noch vermisst.

Drei ausländische Todesopfer sind inzwischen identifiziert, darunter eine 28-jährige Krankenschwester aus Australien, eine 30-jährige Kanadierin sowie ein Franzose. Eine Britin identifizierte zudem ihren Bruder als eines der Todesopfer; dafür gab es zunächst aber keine offizielle Bestätigung.

Zwölf Verdächtige, die nach dem Anschlag vom Samstagabend festgenommen worden waren, sind inzwischen wieder auf freiem Fuß. Die Polizei durchsuchte unterdessen weitere Wohnungen in Ost-London und nahm einen 27-jährigen Mann fest.

In Pakistan gerieten Verwandte Butts ins Visier der Sicherheitskräfte. Geheimdienstmitarbeiter durchsuchten am Dienstag ein Restaurant, das einem Onkel des Attentäters gehört, in der Stadt Jhelam etwa 120 Kilometer südöstlich der Hauptstadt Islamabad. Das bestätigten zwei Polizeibeamte der Deutschen Presse-Agentur.