Was gleich nach Ende der Schlammschlacht vom Belval mehr oder weniger offiziös im Raum stand, war die Möglichkeit, eventuell einen Weltcup-Durchgang in Luxemburg zu organisieren. Oder aber noch mal eine WM?
Über eine Weltmeisterschaft sagt der Sanemer Bürgermeister Georges Engel auf Nachfrage von Tageblatt.lu ohne zu Zögern «à répéter, das Geld war gut investiert.» Was einen Weltcup angeht, fällt seine Reaktion bedächtiger aus: «Da gibt es im Moment keine konkreten Überlegungen. So ein Rennen hat doch weniger ‹envergure›, es wäre wohl mit lediglich einem Zehntel der Zuschauerzahl von der WM zu rechnen. Wie gesagt, vielleicht eher noch mal eine Weltmeisterschaft.»
WM wird mit Defizit abschließen
Weniger Zuschauer würde in dem Fall heißen weniger Einnahmen, und hier dürften finanzielle Überlegungen durchaus eine Rolle spielen. Denn wie es derzeit aussieht, wird die finanzielle Bilanz der WM ein substanzielles Defizit ausweisen. Von aktuell fast 400.000 Euro, aber sowohl auf Einnahmen- wie Ausgaben-Seite seien noch nicht alle Konten abgeschlossen, erklärt Georges Engel. Denn im Falle wo, wird die Gemeinde für dieses Defizit aufkommen. Nicht unüblich für Luxemburg, wo Gemeinden oft die größten «Sponsoren» von Kultur- und/oder Sport-Ereignissen sind. Nicht unüblich ebenfalls die Organisationsform dieses Großereignisses: Eine Asbl war gegründet worden, die eine Konvention mit der Gemeinde Sanem abschloss. Diese besagt, dass ein finanzielles Plus der Gemeinde zugute kommen würde, diese aber auch im umgedrehten Fall das eventuelle Defizit übernehmen würde.
«Das Budget, das vor vier Jahren aufgestellt wurde, belief sich auf 1,46 Millionen Euro. Allerdings gab es weniger Einnahmen durch Sponsoren, wie auch durch Ticketverkäufe, als geplant. Dazu gab es aber u.a. mehr Ausgaben für die Sicherheit – Personal und Versicherung gegen Ausfall –, es wurden ca. 500 Freiwillige benötigt anstatt 400, und es musste auch mehr Budget fürs Marketing aufgebracht werden. Was die Mehrkosten auf der Ausgabenseite angeht, waren diese drei Posten unvermeidbar. Ohne diese drei Elemente waren wir was die Ausgaben angeht bis auf rund 14.000 Euro am vorgesehenen Budget dran», gibt Georges Engel einige Erläuterungen zum voraussichtlichen Defizit.
Weltcup: mehr Risikofaktoren als bei WM
Bleiben die Minder-Einnahmen durch Sponsoren und Tickets. Im Falle eines Weltcups wären diese beiden Elemente objektiv ein noch größerer Risikofaktor als bei einer Weltmeisterschaft, dem Höhepunkt einer jeden Cyclocross-Saison. Die Vorsicht vom Sanemer Bürgermeister ist also durchaus zu verstehen, und diese Vorsicht gibt es nicht nur in Sanem.
Denn dem nationalen Radsport-Verband FSCL sind derzeit keine konkreten Bestrebungen eines Veranstalters hinsichtlich eines Weltcups bekannt, wie der Sportdirektor und ehemalige Cyclocross-Spezialist Christian Helmig auf Nachfrage erklärt. «Das wäre natürlich interessant für den Luxemburger Radsport. Aber ein Weltcup ist eine hohe finanzielle Belastung», so Helmig. Es bräuchte einen motivierten Veranstalter, und die Unterstützung einer Gemeinde, erklärt Helmig, und kommt noch einmal auf den springenden Punkt: «Motivation ist eine Sache, die Finanzen eine ganz andere.»
Sportlicher Reiz allein reicht nicht
Der neue Kurs in Remerschen, für die Meisterschaften dieser Saison kreiert, wurde vielerorts von der Gestaltung her als «weltcup-tauglich» empfunden. Das alleine reicht aber nicht, «und quasi von Null zu einem Weltcuprennen zu kommen ist noch schwerer. Nehmen Sie das Beispiel Leudelingen vor ein paar Jahren. Ein international gut etabliertes Rennen; den Sprung auf die Weltcup-Ebene schaffte es nicht, obwohl es durchaus Bestrebungen seitens der Veranstalter gab», führt Christian Helmig weiter aus.
Trotz Publikumserfolg und großer Radsportbegeisterung ist das Ganze in Luxemburg also doch nicht immer so einfach. Für etwas «richtig Großes» wie eine WM oder den Start einer Tour-de-France-Etappe – die Tour-Präsenz in Mondorf am 4. Juli kostet auch über 300.000 Euro – inklusive der so wichtigen TV-Präsenz ist Unterstützung dann doch einfacher zu mobilisieren. Weil mehr Prestige und daher mehr Werbeeffekt damit verbunden ist. Im Cyclocross hätte ein Weltcup-Rennen im Vergleich zu einer WM einen nur unbedeutend geringeren sportlichen Reiz. Doch die (positiven) Auswirkungen, bei ebenfalls hohem Aufwand, würden um ein Vielfaches geringer ausfallen.
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